John von Düffel über seinen Roman ‚Der brennende See‘

Unser Haus steht in Flammen

Welche Energien entwickelt unsere Gesellschaft, wenn es darum geht, den Coronavirus zu stoppen. John von Düffel sagt, diese Energien wären auch nötig, um etwas gegen den Klimawandel zu tun. In seinem Roman geht es um die gesellschaftlichen Konflikte rund um den Klimawandel.

John von Düffel / © Katja von Düffel
John von Düffel / © Katja von Düffel

„Die Angst vor dem Corona Virus ist unmittelbar, und weil sie so groß ist, sind wir in der Lage, gesellschaftliche Energien zu entwickeln, die unser ganzes Leben umkrempeln“, sagt John von Düffel im Domradio.de Interview. „Bei der Corona-Pandemie ist die unmittelbare Angst so groß, dass ein Handlungsdruck erzwungen wird. Beim Klimawandel bleibt die Angst und der Handlungsdruck viel abstrakter, weil es nur die Wissenschaft ist, die davon erzählt“, sagt der Autor. „Aber wenn wir unsere Augen aufsperren, dann sehen wir den Klimawandel überall, wir sehen die zerstörten Wälder, wir sehen die ausgetrockneten Flüsse und insofern ist auch hier der Handlungsdruck da, wir müssen ihn nur sichtbar machen, wir müssen darüber sprechen“. Denn unser Haus stehe in Flammen, zitiert John von Düffel Greta Thunberg, und wenn wir jetzt nicht handeln würden, würden in 50 Jahren Natur- und Umweltkatastrophen ungeahnten Ausmaßes auf uns zukommen.

Das Wasser verschwindet

John von Düffels Buch ‚Der brennende See‘ ist ein kämpferisches Buch. Den Titel hat er gewählt, weil es diese brennenden Seen tatsächlich gibt. In Indien, in Bangalore ist der größte See so sehr mit Müll und Chemikalien verseucht, dass er immer wieder Feuer fängt. Brennende Seen werde es bald auch bei uns geben, sagt von Düffel.

Geschrieben hat er seinen Umwelt-Roman im April 2018. Beim Schreiben habe er hautnah erlebt, dass es in den Aprilmonaten, und das Buch spiele in dem April, in Berlin/Brandenburg keine Niederschläge gegeben habe, sagt der Autor, "dass wir Temperaturen hatten wie im Hochsommer. Jetzt haben wir zum Beispiel einen Winter erlebt, der gar nicht stattgefunden hat“. Es werde vom wärmsten Winter seit Beginn der Wetteraufzeichnungen in Europa gesprochen, warnt von Düffel. "Insofern erleben wir gerade eine große Veränderung, und wir sehen, wie das Wasser schwindet und immer weniger wird“.

Das Wasser schwindet und damit verschwinden auch die Wolken am Himmel. Der Schnee im Winter ist in weiten Teilen Deutschlands aufgrund des Klimawandels schon verschwunden und in wenigen Jahren werde es auch im Sommer keine Wolken mehr am Himmel geben, sagt von Düffel.

Die Poesie der Wolken

In dem Roman ‚Der brennende See‘ hat ein alternder Autor ein Buch über Wolken geschrieben, ein Abgesang auf Wolken. "In diesem Wolkenbuch ohne Menschen ist der Blick nur auf die Wolken gerichtet, die eine aussterbende Art sind", beschreibt von Düffel dieses Alterswerk seines Romanhelden. „Er sieht die Wolken als etwas, das die Macht zu regnen langsam verliert. Er beschreibt in diesem Buch, wie sich unser Verhältnis zu Wolken langsam verändert hat und ohne Wolken haben wir auch etwas von unserer Phantasie und von unseren Träumen verloren und auch das Gefühl für die Größe unserer Welt und der Natur“.

Fridays for Future - der Kampf ums Überleben in der Zukunft

Hannah, die Hauptperson in John von Düffels Roman, ist mittleren Alters und fährt in das Dorf ihrer Kindheit. Ihr Vater, der Schriftsteller, ist gestorben. Sie muss seinen Haushalt auflösen und trifft dort auf Julia. Julia ist Umweltaktivistin und hatte ein sehr enges Verhältnis zu Hannahs Vater. Jetzt fragt sich Hannah, „was diese jüngere Frau hat, die Klimaaktivistin ist, die auch eine gewisse Protestkultur, die in dem Vater gesteckt hat, weiterführt, was hat die von Julias Vater mitgenommen und aufgenommen und warum ist das der Tochter Julia nicht gegeben“. John von Düffel fragt in seinem Buch, weshalb es diese merkwürdige Sperre zwischen Vater und Tochter gebe, zwischen Eltern und Kindern, die in diesem Generationenverhältnis greife. Wenn man aber einen größeren Generationensprung mache - von Großeltern zu Enkeln, dann seien auf einmal Übertragungen möglich, die zwischen Eltern und Kindern nicht möglich seien.

Keine sorglose Kindheit

So kommt es in dem Roman zu einer Koalition zwischen Großeltern und Enkeln, zwischen der Umweltaktivistin Julia und Hannahs Vater. Julia engagiert sich für ‚Fridays for Future‘. Sie kämpft, weil sie den Klimawendel als reale Bedrohung ihrer jungen Generation empfindet. „Das ist kein schönes Leben“, sagt von Düffel über diese Generation. „Das ist keine Kindheit der Sorglosigkeit, wie eigentlich jedes Kind sie verdient, sondern das ist eine Kindheit der Ängste, des Drucks und des Gefühls, die Erwachsenen tun nicht das Richtige und das ist schrecklich für ein Kind. Und wenn wir kein Gefühl dafür entwickeln, wie wir das Problem miteinander lösen, dann wird es ein Gegeneinander geben, das ohne Beispiel ist“, warnt der Autor.

Um den sich anbahnenden Generationenkonflikt geht es auch in dem Roman ‚Der brennende See‘. Dabei kommt die mittlere Generation, die Elterngeneration der jetzt Tätigen, nicht gut weg. Sie wirkt ziellos, hilflos, ausgebrannt. „Diese Generation pendelt zwischen Traurigkeit und Wut, zwischen Müdigkeit und Erschöpfung“, beobachtet John von Düffel. „Das, was die jüngere Generation jetzt mit der 'Fridays for Future' Bewegung einfordert - mit der Betonung auf Future -, ist, dass wieder eine Perspektive entsteht und das ist das größte Ausrufezeichen hinter dem Future-Thema dieser Bewegung. Wir müssen einfach in längeren Dimensionen denken, sonst zerstören wir diese Erde“.


Fridays-for-Future-Demonstration / © Fabian Sommer (dpa)
Fridays-for-Future-Demonstration / © Fabian Sommer ( dpa )

"Fridays for Future" in Berlin (Archiv) / © Christoph Soeder (dpa)
"Fridays for Future" in Berlin (Archiv) / © Christoph Soeder ( dpa )
Quelle:
DR