Jo Lendle über den Polarforscher Alfred Wegener

"Alles Land"

Kein Horizont. Keine Farben. Kein Licht. Schneestürme. Ewiges Eis. Der Polarforscher Alfred Wegener suchte die Einsamkeit der Eiswüste. In seinem Roman "Alles Land" läßt der Autor Jo Lendle den berühmten Meteorologen, Polar- und Geowissenschaftler "ins Nichts schauen". Dort erlebt Wegener "ein Gefühl von Verlassenheit, welches jede Möglichkeit von Trost so vollständig ausschloss, dass nichts zurückblieb als eine klare glänzende Nüchternheit."

 (DR)

Ähnlich beschreiben mittelalterliche Mystiker wie zum Beispiel Meister Eckhart das "reine Nichts." Die Parallelen zu den Mystikern seien durchaus passend, sagt Lendle, schließlich sei der Naturwissenschaftler Wegener in einem evangelischen Pfarrhaus aufgewachsen. Und obwohl er sich mit dem Vater, einem Pfarrer, überwirft und von Gott lossagt, bleibt er doch in seinem Gedankengut "in der Wolle des Elternhauses gefärbt. Wegener geht in die Eiswüste und sucht die Wahrheit. Er empfindet ähnlich wie ein Eremit". 1930 findet ein Expeditionstrupp im grönländischen Eis sein Grab. Der ruhelose Forscher hatte auf seiner letzten Polarreise beweisen wollen, dass es möglich ist, am einsamsten Punkt der Erde zu überwintern. Er scheitert.



Im domradio Autoreninterview erzählt der Schriftsteller Jo Lendle, warum er einen Roman über Alfred Wegener geschrieben hat: "Mit seiner Theorie der Kontinentalverschiebungen hat uns Wegener den Boden unter den Füßen weggezogen. Er hat die Gewissheit, dass wir auf festem Boden stehen, ins Wanken gebracht."



Jo Lendle / "Alles Land" / Verlag: DVA / 384 Seiten / 19 Euro 99

Jo Lendle liest am 11. September im Kölner Literaturhaus aus "Alles Land".