Jan Costin Wagner über sein Buch "Sonnenspiegelung“

"Dem Leben zum Sieg verhelfen“

Wie kann man nach einem Trauma weiterleben? Gibt es eine Rettung oder gar Erlösung durch Sprache? Das fragt Jan Costin Wagner in seinen Erzählungen. "Sonnenspiegelung“ heißt das neue Buch des Bestsellerautors.

 (DR)

Seine Helden schickt er durch die existentielle Hölle. Am Anfang steht der ungeheure Verlust. Eltern verlieren ihr Kind durch einen Autounfall. Ein erniedrigter Vater plant sich und seine Familie umzubringen. Eine sexuell-missbrauchte Tochter rächt sich. Zur Sprache kommt die Krise dabei nicht, sondern wird hinter der Fassade einer heilen Familienwelt versteckt. "Es liegt hier die Extremsituation, das Trauma zugrunde, und das Trauma ist mit Sprachlosigkeit verbunden“, sagt Wagner im domradio Interview und wünscht sich: "dass man selbst in den Momenten, in denen es fundamental schwierig wird, in den Dialog eintreten kann“. Vielleicht könne ein warmherziges, zugewandtes Schweigen das Trauma lösen helfen, hofft der Autor: "Das ist vielleicht ein möglicher Weg, nicht zu sprechen, sondern auf eine Weise zu schweigen, die wie ein Dialog empfunden werden kann.“

Liebe, Tod, Trauer, Ohnmacht und Schuld – Jan Costin Wagners Geschichten verschlagen einem beim Lesen den Atem und hallen noch lange nach. Der Autor spielt mit Rollen und Ritualen – da wird ein Einbrecher zum Weihnachtsengel und rettet eine Familie vor dem Tod: "Diese Erzählung stellt die Frage, wer ist hier gut und wer böse? Unsere Rollenverteilungen sind doch auch eine Illusion und müssen aufgehoben werden, um zum Kern – zu einer Art Wahrheit durchzudringen", sagt Wagner. Am Ende der Erzählungen steht häufig ein Neubeginn und die Aussage, dass nach unaussprechlichen Verlusten doch das Leben über den Tod siegen kann.