Ilja Trojanow über die olympische Idee ´Dabei sein ist alles`

"Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen“

"Sport ist keine Ersatzreligion“, sagt Ilija Trojanow im domradio.de Interview. Er warnt davor, den Sport religiös oder politisch national zu überhöhen. In seinem Buch "Meine Olympiade. Ein Amateur, vier Jahre, 80 Disziplinen“ probiert der Autor alle olympischen Sommersportarten am eigenen Leib aus.

 (DR)

Sport werde zum Teil mit einem Fanatismus betrieben, mit einer esoterischen Überhöhung, die mit der Grundidee des Amateursports nichts mehr zu tun habe, beklagt Trojanow. "Sport ist eben nicht mit einem religiösen oder politischen Interesse verbunden“. Diese Interesselosigkeit mache das Besondere am Sport aus und übersetze sich in eine gewisse Gelassenheit, sagt der sportliche Autor: "Das sind dann Ruhepausen, um zu sich zu kommen und gleichzeitig andere zu treffen“. Da der Sport nur einen limitierten Ausschnitt von Existenz wiedergebe, könne er auch gar keine Religion sein.

Die ursprüngliche Idee von Olympia

In dem Buch "Meine Olympiade“ erzählt Trojanow auch viel Erhellendes über die Historie der Olympischen Spiele. Trojanow beschreibt hier eine Entwicklung vom Religiösen zum Säkularen. Schließlich war Olympia im alten Griechenland eine religiöse Pilgerstätte, und die Spiele hatten nichts mit Wettkampf oder Leistungsschau zu tun. "Der Leistungsgedanke verdrängt die poetische und spirituelle Note des Sports“, ist Trojanow überzeugt, "bei vielen Sportarten gab es zu Beginn gar keine Wettkämpfe. Das waren Formen der körperlichen Ertüchtigung und geistigen Erhöhung zugleich".

Trojanow stellt seinem Buch ein Sprichwort der Lakota Indianer voran: "Wer dreimal hintereinander gewinnt, ist ein schlechter Mensch“, heißt es. Bei uns gelte es doch als Beleidung und Vorwurf, jemanden beim Sport absichtlich gewinnen zu lassen, erklärt Trojanow: "Gewinnen zu wollen oder zu müssen, ist eigentlich die unwichtigste Komponente, weil sie sowohl der eigenen Würde als auch dem sozialen Zusammenhalt schadet. Diese Einsicht  fehlt leider bei uns heute“. Insofern pervertiere die große Bedeutung eines Medailenspiegels bei olympischen Spielen die olympische Idee des: ´Dabeisein ist alles´. In seinem Olympiade-Buch kritisiert Trojanow auch den Missbrauch von Doping im Breitensport. "Man kann sich besonders im Kraftsport relativ leicht alles besorgen“, erzählt er, "die Pharmaindustrie verspricht einem das Heil – ein profanes Erlösungsversprechen: ´schlucken sie nur diesen Cocktailmix und sie werden zum Übermenschen´“.

Sport als Akt der Selbsterkenntnis

Ilja Trojanows leidenschaftliches Sportbuch ist auch ein spannender Ausflug in die Welt des Breitensports. Wir erleben ihn, wie er Badminton in Wien spielt, Beach Volleyball in Rio de Janeiro oder in Brooklyn boxt. "Das war auch ein Akt der Selbsterkenntnis“, sagt er, "es gab immer wieder Momente, die mich an Meditation erinnert haben. Man läßt seine Alltagssorgen zurück und kehrt in eine völlige Konzentration ein, die auch zu einer weitreichenden Ruhe wird und ist dann in diesem Augenblick eins mit sich, mit allem, weil man in einer bestimmten Bewegung aufgeht“.