Ilija Trojanow über seinen Politthriller "Doppelte Spur"

Die Verwahrlosung der politischen Systeme Trump und Putin

Was ist los in der Welt? Trump und Putin sind in korrupte Machenschaften verstrickt und regieren, ohne sich um ethische Grundwerte zu kümmern. Ilja Trojanow hat schockierende Fakten der politischen Systeme um Trump und Putin in seinem Roman 'Doppelte Spur' zusammengetragen.

 (DR)

“Die sozialen Ungerechtigkeiten und die ökologischen Zerstörungen sind desaströs. Eigentlich weiß jeder, dass das so nicht weitergehen kann, mit Sicherheit nicht fünfzig oder hundert Jahre”, sagt Ilija Trojanow im DOMRADIO.DE Interview. In seinem aktuellen Roman ‘Doppelte Spur’ erzählt er von der politischen Verwahrlosung der Systeme um Donald Trump und Wladimir Putin. Hauptdarsteller seines Buches ist ein Journalist namens Ilija, der auch der Autor selbst sein könnte. “Das ist ein investigativer Journalist, der aber als schwieriger Zeitgenosse gilt”, sagt der Autor. “Das heißt, er packt immer wieder schwierige Themen an, hat aber bislang nicht so wirklich großen Erfolg gehabt. Er ist eher jemand, der irgendwo in der Ferne recherchiert. Aber die Leute sagen, so genau wollen wir das gar nicht wissen, wie du das recherchierst”.

Trump-Immobilien als Waschsalon für russische Oligarchen

Im Roman werden dem Journalisten Ilija von zwei Whistleblowern brisante Daten zugespielt, die aufzeigen, wie korrupt die Systeme Trump und Putin sind und wie sehr die beiden mächtigen Politiker in schockierende Machenschaften verstrickt sind. “Das Schockierende bei diesen Machenschaften sind gar nicht die üblichen Verdächtigen, sondern die Verstrickungen von denjenigen, die eigentlich dafür zuständig wären, Korruption und Kriminalität zu bekämpfen, mit denen, die sie betreiben”, hat Trojanow recherchiert. Da geht es um Geldwäsche, um Verbindungen zur Mafia und Oligarchen aus Russland, die unendliche Summen in Trumps Immobilien pumpen und Trump so mehrfach vor dem Bankrott retten. “Trump war so etwas wie der Waschsalon oder einer der vielen Waschsalons für schwarzes Geld in den USA,” erklärt Trojanow. “Das haben wir ja jetzt wieder in der New York Times lessen können. Trump ist offensichtlich ein Meister der Steuervermeidung und der buchhalterischen Fälschung. Im Laufe der Jahrzehnte sind Milliarden durch ihn geflossen. Bei den Casinos z.B. Viele Casinos wurden dann auch verurteilt wegen massiver Geldwäsche”.

Ein Roman gespickt mit Fakten

Unfassbar ist es, dass dieser korrupte Geschäftsmann Präsident von US-Amerika werden konnte. Aber auch Putin, so erfahren wir in dem Roman, ist keinen Deut besser und selbst in Finanzschiebereien verstrickt. “Die Art und Weise, wie Putin und sein Regime funktionieren, entspricht ja fast gänzlich einer Mischung aus Geheimdienst- und Mafiamethoden”, sagt Trojanow. Drei Jahre lang hat der Autor recherchiert und aus den Fakten, die jeder im Internet nachlesen kann, einen Roman gemacht. “Wieso sollte ich eigentlich diese brisanten Fälle neu erfinden, wenn sie in der Realität schon zugespitzt genug sind, grotesk genug sind, absurd genug sind, bedrohlich genug sind”, erklärt Trojanow. Viel mehr sei es doch die Aufgabe der Literatur, über diese skandalösen Fakten so zu schreiben, dass die Leserinnen und Leser Sie lesen wollen. Denn der Mensch sei so verfasst, ist Trojanow überzeugt, dass er sich am Abend nicht unbedingt zuhause hinsetze und sich sage, jetzt will ich mal etwas über Geldwäsche lesen. “Insofern ist es die Aufgabe der Schriftsteller, die wesentlichen Themen in das potenzielle Desinteresse der Lesenden hinein zu schmuggeln”, sagt Trojanow.

Was ist Wahrheit?

Und das gelingt dem Autor mit seinem Politthriller bravourös. Sein Roman schreckt uns auf. Was ist da los in der Welt?, fragt man sich. Und gibt es überhaupt noch die Guten und das Wahre? “Natürlich”, antwortet der Autor. Ist aber auch davon überzeugt, dass wir uns die Wahrheit unserer ethischen Grundwerte immer neu erkämpfen müssen. In seinem Buch ist der katholische Pater Giacomo ein Repräsentant der Wahrheit. Mit ihm diskutiert der Journalist im Roman auch über den Wahrheitsbegriff des heiligen Augustinus. “Dabei geht es nicht darum, dass man die Wahrheit einkauft und in seinen Korb packt und sagt ‘Ich habe die Wahrheit’. Sondern es geht wirklich um eine Haltung, um mein Streben, um eine Sehnsucht nach etwas Höherem. Und das symbolisiert in dem Fall Augustinus und Augustinus durch Pater Giacomo”, sagt Trojanow über den Geistlichen im Roman.

Corona-Krise als möglicher Wendepunkt

Wenn wir so weitermachen, steuern wir auf den Abgrund zu. Das wird einem bei der Lektüre dieses spannenden Polittrillers deutlich. Was aber kann uns da noch Hoffnung machen? “Ironischerweise macht mir die Corona-Krise Hoffnung”, sagt Ilija Trojanow. “Während der Corunakrise haben wir Zeit für eine Rückbesinnung auf Wesentliches. Viele Menschen haben ein bisschen mehr Zeit gehabt, vielleicht etwas mehr nachzudenken. Auch über relevante Fragen. Ist zum Beispiel unser System, das auf Wirtschaftswachstum aufgebaut ist, in dieser Form langfristig aufrechtzuerhalten? Wenn schon eine Pandemie, die ja in keiner Weise eine wirklich schlimme Katastrophe ist im Vergleich zu so etwas, was der Klimawandel hervorrufen könnte, wenn diese Pandemie schon das System eigentlich an den Rand seiner Leistungsfähigkeit bringt, dann müssen wir uns doch die grundsätzliche Frage stellen, ob dieses System in dieser Form menschenwürdig ist und der Natur angemessen?”


Quelle:
DR