Friedrich Ani über seinen Krimi "Ermordung des Glücks"

Gibt es Trost, wenn ein Kind ermordet wird?

"Ich bin sehr katholisch sozialisiert worden und das hat Spuren hinterlassen", sagt Friedrich Ani. "Da gibt es auch beim Schreiben immer wieder Prägungen, die durchkommen". In seinem neuen Krimi "Ermordung des Glücks" stellt der Autor die Frage, wie kann Gott zulassen, dass ein Kind ermordet wird.

Jakob Franck - Laternenanzünder in der Nacht (dpa)
Jakob Franck - Laternenanzünder in der Nacht / ( dpa )

"Da sitzt niemand im Tabernakel und passt auf uns auf, oder was weiß ich, wo dieser Heiland angeblich haust", im Roman schreit der verzweifelte Onkel des 11-jährigen Lennard sein Unglück in den geschwärzten Himmel hinauf. Friedrich Ani stürzt die Familie des ermordeten Jungen in tiefe Lebens- und Glaubenszweifel. Er fragt, was oder wer kann den Menschen noch trösten, wenn Dir "ein Kind aus dem Herzen geschnitten wird?"

Gottesfürchtigkeit und Gotteszornigkeit

Kommissar Jakob Franck ist pensioniert, aber er kann nicht anders, er ermittelt weiter. Franck ist nah dran an seinen Kollegen, die seine besondere Fähigkeit schätzen, Trost zu spenden, wenn es gilt, eine schreckliche Nachricht zu überbringen. So wird er gerufen, um den Eltern eines Jungen mitzuteilen, dass ihr Sohn ermordet worden ist. Autor Friedrich Ani beschreibt seinen Kommissar als jemanden, der nicht aufhören kann, mitzuempfinden und mitzuleiden. "Franck sah seinen Job als Kriminalist nicht nur als Dienst - als jemand, der von Staats wegen Verbrechen aufklärt, sondern er hatte immer Anteil an dem, was Verbrechen ausrichten in Familien", charakterisiert der Autor seinen Romanhelden. "Und das ist eine Menschensicht, die natürlich mit dem Tag der Pensionierung nicht aufhört". Der Fall des ermordeten 11-jährigen Lennard erschüttert Kommissar Franck bis ins Mark. "Alte Wunden brechen in ihm auf", sagt der Autor. "Das führt ihn auch in eine Art Gottesfürchtigkeit und Gotteszornigkeit hinein". Die Frage nach Gott spielt in dem neuen Krimi von Friedrich Ani eine zentrale Rolle. Die große Frage, wie kann Gott es zulassen, dass ein unschuldiger 11-jähriger Junge ermordet wird.

Wie zerbrechlich ist das Glück?

Wie kann Gott den Tod eines Kindes zulassen? Gibt es auf diese Frage eine Antwort? Friedrich Ani läßt seinen Kommissar mit dieser Frage ringen. Er wird demütig. Ani schreibt, er sei "von abrahamitischer Gottesfürchtigkeit". Eine Familie verliert ihren Sohn. Der Autor Ani läßt uns tief in die Seelen von Mutter und Vater blicken. Auch vor der Katastrophe hatte die Familie ihre dunklen Seiten. "Die Familie war nicht heil, bevor der Junge verschwunden ist, aber sie hätten es schon noch geschafft. Es gab das Glück – noch", sagt der Autor. Wie zerbrechlich ist unser Glück? Auch diese Frage stellt Friedrich Ani in seinem Krimi. Wie dünn ist das Eis, auf dem wir im Leben herumtapsen? "Das Eis in unserem Leben ist immer kurz vor dem Zerbrechen. Wir haben eigentlich Glück, wenn wir rüberkommen, wenn wir den Weg schaffen, ohne dass das Eis zerbricht", meint Ani. "Aber ich will ja auch erzählen, was passiert, wenn das Eis bricht, und welche Möglichkeiten es gibt, damit umzugehen. Ist da jemand, der hilft, wieder an Land zu kommen, wieder Boden unter den Füßen zu bekommen? Dafür sind meine Figuren da".

Hoffnung und Trost scheint es zunächst nicht zu geben. Der Tod des Kindes zerstört das Leben der Eltern – aber sie überleben. Und dann gibt es am Ende kleine Gesten, Lippen berühren sacht einen Kopf, zwei Kinder treffen sich im Himmel. "Der Roman endet mit zwei Liebesszenen, mit einem Blick auf die Möglichkeit der Liebe – immer noch", sagt der Autor Friedrich Ani. "Sowohl bei dem Kommissar mit seiner Exfrau, mit der ihn eine tiefe Freundschaft verbindet. Die sind da zusammen. Und dann ganz am Schluss sind da die beiden Kinder, das Mädchen und der Junge im Himmel zusammen. Dies ist eigentlich ein helles Ende. In aller Dunkelheit ist das eine ganz schöne Funzel am Ende".