Friedrich Ani über 'All die unbewohnten Zimmer'

Über Menschen, die zweifeln und glauben

Friderich Ani ist einer der bekanntesten deutschen Krimiautoren. In seinem neuen Roman läßt er seine prominenten Ermittler gemeinsam auftreten. Das Buch hat auch einen religiösen Sound, der mit der katholischen Kindheit des Autors zusammenhängt.

Schriftsteller Friedrich Ani auf der Frankfurter Buchmesse  (shutterstock)
Schriftsteller Friedrich Ani auf der Frankfurter Buchmesse / ( shutterstock )

„Die Atmo ist auf jeden Fall religiös", sagt Friedrich Ani im DOMRADIO.DE Interview. "Das gefällt mir auch, weil das, glaube ich, tatsächlich auch die Möglichkeit ist, mit so einem Hintergrund diese Geschichten zu erleben und zu ertragen und für mich auch zu erzählen. Es ist ja auch eine autobiografische Atmo, die ich da einbringe“. Zitate aus der Bibel, Anspielungen auf die katholische Liturgie, Verwandlung und Auferstehung oder das ‚Vaterunser‘, – das sind alles Hintergrundgeräusche, die den Krimi ‚All die unbewohnten Zimmer‘ von Friedrich Ani untermalen.

Romanheld Tabor Süden hadert mit der Kirche

Bei den drei Ermittlern spielt das Religiöse eine die Romanhelden grundierende Rolle. Da ist zum Beispiel Polonius Fischer, der Mönch im Kloster war, bevor er Kommissar wurde. Autor Friedrich Ani läßt hier seine eigenen Erfahrungen mit der katholischen Kirche in seine Figuren einfließen. „Ich bin ja anwesend mit allem, was ich schreibe – und ich bin nun mal geprägt von Ritualen der katholischen Kirche und von den Texten, und die gehen dann in meine Figuren über und in diesem Roman in fast alle Figuren“, sagt Ani. Besonders deutlich wird das in den Passagen, in denen Tabor Süden mit der katholischen Kindheit und seinem Glauben an Gott hadert. „Er ist misstrauisch geworden gegenüber den Ritualen der Kirche und auch gegenüber der Kirche äußerst misstrauisch, aber dennoch hat er es bis heute nicht übers Herz gebracht, aus dieser Kirche auszutreten und sie hinter sich zu lassen. Er ist einer, der verzweifelt glaubt“, beschreibt der Autor seinen Romanhelden.

"Ich komme nicht von der Kirche los"

Tabor Süden geht in die Kirche. Er zündet eine Kerze an. Er versucht zu beten: ‚Doch was er dachte, war schwarz und seine Lippen trockneten unter seinem Schweigen‘, heißt es im Roman. Das klingt fast wie im Alten Testament der Bibel, wie ein Zweifler, der von Gott nicht lassen kann. „Ich lese schon oft in der Bibel“, sagt Ani, „und benutze sie auch natürlich auch für meine Bücher und für meine Figuren. Das gefällt mir, dass ich einen Grund habe, immer wieder in der Bibel zu lesen. Ich bin ja – im Gegensatz zu Tabor Süden – aus der Kirche ausgetreten, aber ich komme auch nicht los davon. Und von der Bibel kann man sowieso nicht loskommen, weil das das größte Geschichtenbuch aller Zeiten ist“.

Das 'Vater unser' als eine tröstende Brücke

Als im Roman Jakob Frank einem Vater die Nachricht vom Tod seines Sohnes überbringen muss, beginnen die beiden ein ‚Vaterunser‘ zu beten, obwohl sie ihren Glauben nicht mehr praktizieren und kaum noch eine Beziehung zur Kirche haben. „Einfache Texte wirken wie ein Trost, ohne dass man das so genau benennen kann“, beschreibt der Schriftsteller das Funktionieren des Gebetsklassikers hier. „Das ‚Vaterunser‘ wirkt hier wie eine Brücke, als könne man vom Anfang der Dunkelheit bis zum Ende der Dunkelheit über so einen Text gehen, und man hätte am Schluss vielleicht doch die Chance, etwas zu begreifen“.

Man muss sich verwandeln und immer wieder auferstehen

Immer wieder taucht im neuen Krimi von Friedrich Ani die Religion als ein möglicher Sinngenerator auf, als Trost, denn es geht auch in dem neuen Krimi von Ani um Mord und Todschlag, um verzweifelte Menschen in ausweglosen Situationen, schwer mit ihrem Schicksal beladen. „In jedem Leben von uns gibt es doch Elemente, die wie tot sind, wo man einfach nicht glaubt, dass es weiter geht", ist der Autor überzeugt. "Man muss sich verwandeln, man muss wieder auferstehen. Auferstehung ist ein wichtiger Aspekt in meinen Geschichten“. Und so endet der Krimi ‚All die unbewohnten Zimmer‘ auch mit einem gemeinsamen Gastmahl. Die drei Ermittler versammeln sich um einen Tisch und essen miteinander, eingeladen von ihrer jungen Kollegin. Auch wenn das Eis dünn ist und das Verbrechen und die Abgründe überall lauern, es bleibt immer noch: DAS LEBEN. „Ich sehe meine Figuren alle als Laternenanzünder“, sagt Friedrich Ani, „die gehen durch die Nacht und zünden hier und dort eine Laterne an, damit sich die Menschen weniger fürchten“.


Quelle:
DR