Christine Koschmieder über wahres Glück und Glücksattrappen

„Schweinesystem“

„Es gibt ihn nicht, diesen einen Weg zum Glück, der für alle gilt“, sagt Christine Koschmieder im domradio.de Interview. In ihrem Roman „Schweinesystem“ schickt sie zwei Frauen auf die Suche nach dem Glück im Leben: „Wir sehen etwas, von dem wir die Ahnung bekommen, das ist besser, verheißungsvoller als das, was ich gerade lebe – und die Frage ist, wie finden wir die Kriterien, die beschreiben, ob das nur etwas ist, von dem jemand anderes profitiert, wenn ich dem folge, weil er mich für sein System einspannen will, weil er seinen eigenen Profit damit maximiert, weil er etwas erreichen will, was andere demütigt und ihnen schadet“.

Christine Koschmieder / © Sven Klages
Christine Koschmieder / © Sven Klages

Elisabeth ist eine junge Frau, die viel vom Leben will. Aus der hessischen Provinz zieht sie in die große Stadt, in die Uni-Welt der siebziger Jahre. „Ich habe sehr viele Frauen dieser Generation gesehen, das ist die Generation meiner Mutter, die waren jung, die lächeln auf den Bildern Anfang der siebziger, die sind emanzipiert, haben eigene Autos gefahren und eigene Jobentscheidungen getroffen – und trotzdem habe ich dann viele Frauen und Männer dieser Generation scheitern sehen. Und da habe ich mich gefragt, dann kann  es ja nicht nur die Bildung allein sein und nicht nur die so vielversprechenden Möglichkeiten, die einem die Glücksformel eröffnen“, sagt Christine Koschmieder. In ihrem Roman stellt sie der Akademikerin Elisabeth aus Heidelberg die nicht akademische Shirley aus Iowa gegenüber, die in einem Schweine-Schlachthof arbeitet.

„Schweinesystem“ ist ein Roman, der die Geschichte zweier Frauen erzählt, die aufbrechen, die, wie Shirley, erleben müssen, dass das versprochene Glück auch eine Glücksattrappe sein kann. Am Ende zahlen die beiden Frauen einen hohen Preis. Als gescheitert möchte Christine Koschmieder ihre Heldinnen aber nicht verstanden wissen: „Der Erzähler im Roman sagt, dass ist die Version, die ich euch erzählt habe – aber ob sie so stattgefunden hat? Wer weiß das schon? Ich mag es, wenn am Ende ein Fragezeichen steht. Die Erzählstruktur läuft zwar auf ein vermeintliches Ende zu – aber man kann ja auch vor- und zurückspulen. Und ich finde, dass die beiden Frauen einen sehr konsequenten Weg gewählt haben. Dieser Weg führt sie nicht ins Paradies, aber darum geht es gar nicht. Sie haben einen Weg gewählt, der konsequenter ist, als das Verharren im Schlechten“.


Christine Koschmieder / © Sven Klages
Christine Koschmieder / © Sven Klages