Christine Drews über ihr Buch 'Ein Tag hat viele Farben'

Wie fremd kann uns Familie sein?

Wie gut kennen wir unsere Geschwister oder Eltern? Das Leben in einer Familie ist kompliziert. Häufig gibt es Streit. Es geht um Anerkennung und Aufmerksamkeit. In Christine Drews Buch 'Ein Tag hat viele Farben' stirbt ein Familienvater und seine drei Kinder geraten aneinander.

Christine Drews / © Michaela Philipzen (ullstein)
Christine Drews / © Michaela Philipzen ( ullstein )

"Die Menschen, die uns eigentlich am nächsten sein sollen, sind manchmal so weit weg von uns", sagt Christine Drews im DOMRADIO.DE Interview. "Wir wissen manchmal so wenige von denen, mit denen wir aufgewachsen und großgeworden sind, dass sie für uns wie Fremde sein können". Wie fremd kann einem die eigene Familie sein, die Geschwister zum Beispiel, mit denen man als Kind fast alles geteilt hat? Auch darum geht es in dem Roman von Christine Drews 'Ein Tag hat viele Farben'. "Die Kindheit ist geprägt von Streitigkeiten und Konflikten, was ja auch völlig normal ist und zur Entwicklung dazugehört" sagt die Autorin. "Das hinterlässt natürlich aber auch Verletzungen, und diese Verletzungen nehmen wir dann mit ins Erwachsenenalter und schaffen es einfach nicht, uns davon zu lösen, sondern es bleibt nach wie vor die Konkurrenz um die Liebe und Anerkennung der Eltern, das bleibt bis ins hohe Alter".

Über seinen Schatten springen und reden

Der Vater stirbt. Die drei Geschwister Mia, Tom und Anna treffen sich an seinem Totenbett. Sie geraten aneinander. Dabei geht es um den Familienschatz, ein kostbares Pechstein Gemälde. "Zwischen der Trauer um den Tod des Vaters mischt sich auch der Plan, dieses Gemälde in den eigenen Besitz zu bekommen. Das zieht sich dann wie ein roter Faden durch den ganzen Roman und findet am Ende in einem Knall seine Auflösung".

In der Todesnacht kommt es dann zu einer Aussprache zwischen den Geschwister. Endlich gelingt es ihnen, offen miteinander zu sprechen, um sich besser zu verstehen. Über seinen Schatten springen und miteinander reden - hilft enorm weiter. Das ist eine Botschaft des Romans. "Das ist aber natürlich auch sehr schwierig", sagt Drews, "denn wenn man in seiner Kindheit so viel von den Geschwistern verletzt worden ist, was in ganz vielen Familien der Fall ist, dann muss man es als Erwachsener auch erst einmal schaffen, das alles hinter sich zu lassen".

Ein ernster Roman voller Humor

Christine Drews schreibt sehr einfühlsam über existentielle Gefühle, über das oft schwierige Miteinander in einer Familie, über den Tod der Eltern, der unser Leben verändert. "Beim Schreiben des Romans bin ich selbst von der Realität eingeholt worden", erzählt die Autorin. "Als ich den Roman geschrieben habe, ist meine Mutter schwer erkrankt und auch gestorben. Die Szenen, in denen die drei Geschwister von ihrem Vater Abschied nehmen, klar, da konnte ich mich direkt einfühlen, weil es mir in der Situation quasi genauso ging".

Die Autorin erzählt dann von ihrer Mutter als eine sehr humorvolle Frau. Sie habe sich ihren Humor bis zum Schluss bewahrt. Und bis zum Schluss sei sie bei ihrer Mutter gewesen. "Wir haben eigentlich immer noch viel lachen können", sagt Drews, "und beide haben wir gemerkt, dass es in dieser Extremsituation auch gut tun kann". Humor sei ein verbindendes Element und Humor könne einen aus der Trauer und der Schwere herausholen und einem auch die Möglichkeit geben, weiterzumachen, ist Christine Drews überzeugt.

So ist ihr Roman 'Ein Tag hat viele Farben' ein ernster Roman voller Humor. "Es sind natürlich auch traurige Szenen in dem Buch", sagt die Autorin. "Das ist selbstverständlich, wenn die Kinder Abschied nehmen vom sterbenden Vater". Danach aber ein Kapitel mit Humor zu schreiben, habe etwas sehr Erleichterndes. Drews vergleicht das mit der oft praktizierten Szenenfolge in Filmen. "Bei Horrorfilmen, Thrillern oder sehr traurigen Filmen. Da gönnt man dann den Zuschauern einen Augenblick des Lachens, damit er durchatmen kann, bevor die Spannung dann weitergeht".


Quelle:
DR