Charles Lewinsky über Kurt Gerron

Eine Gewissensentscheidung

"Wir Nachgeborenen, die nie vor solchen Entscheidungen standen, haben nicht das Recht, diese Leute zu verurteilen. Wir können nur versuchen zu beschreiben, wie es war und zu erinnern, wie es war." Der Schweizer Autor Charles Lewinsky erinnert in seinem neuen Roman: "Gerron" an den jüdischen Schauspieler, Sänger und Regisseur Kurt Gerron.

 (DR)

In der Weimarer Republik war Kurt Gerron ein Star, der Mackie Messers Lied in der "Dreigroschenoper" sang wie kein anderer und als Magier im "Blauen Engel" mit Marlene Dietrich auftrat. Unter den Nazis durfte er nicht mehr arbeiten und wurde ins Ghetto Theresienstadt verschleppt. Dort bekam er vom Lagerkommandanten den Auftrag, einen Propagandafilm über das Lager zu drehen: "Sie haben meine Eltern nach Sobibor geschickt. Und jetzt soll ich ihnen helfen, der Welt vorzulügen, dass sie eigentlich ganz nett zu uns sind?"



Charles Lewinsky macht aus der wahren Begebenheit einen Roman. Aus der Ich-Perspektive erzählt er eine tragische Lebensgeschichte zwischen Erfolg und Verzweiflung, Bewunderung und Verfolgung. Der Autor findet es arrogant und vermessen, Kurt Gerron zu verurteilen, weil er diesen Film gedreht hat. Im domradio.de-Interview sprechen wir mit dem jüdischen Autor Lewinsky auch über die Frage: Wie kann man nach Ausschwitz an Gott glauben? "Mit der rassistischen Judenverfolgung der Nazis hat der liebe Gott überhaupt nichts zu tun", sagt Lewinsky.  



Charles Lewinsky / "Gerron" / Verlag Nagel & Kimche / 540 Seiten / 24,90 Euro