Axel Hacke über "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“

Wenn Gott Trost bei den Menschen sucht

"Ich hatte immer schon die Idee von Gott als melancholischen älteren Herrn, der ein wenig von seiner eigenen Schöpfung enttäuscht ist, weil ihm manches missglückt erscheint“, sagt Axel Hacke im domradio.de Interview. In seinem Buch, "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“, holt er gemeinsam mit dem Zeichner Michael Sowa den alten Gott auf die Erde und spaziert mit ihm durch München.

Axel Hacke/Michael Sowa / © Max Lautenschläger (Kunstmann)
Axel Hacke/Michael Sowa / © Max Lautenschläger ( Kunstmann )

Dass Gott als melancholischer alter Mann dann den Weg in ein Buch von Axel Hacke findet, hat mit den Ereignissen zu tun, die uns seit einiger Zeit alle beschäftigen, mit den Anschlägen der IS-Terroristen. "Nach den Attentaten in Paris, dachte ich mir, muss doch diese alte Frage noch einmal gestellt werden: Wie kann Gott das zulassen?", erklärt Hacke, "und diese Frage muss man dieser Figur mal stellen – und das habe ich gemacht“. Der Erzähler der Geschichte ist ein Schriftsteller aus München, ein Intellektueller, der eigentlich nicht mehr an Gott glauben kann. "Er fragt ja auch Gott: Warum bist du eigentlich hier? Was willst Du hier? Willst Du mich bekehren? Und Gott sagt zu ihm: Nein, nein. Du sollst nicht an mich glauben. Ich glaube ja nicht mal an mich selbst. Du sollst einfach nur das mit mir zusammen erleben, was wir erleben“. Die beiden streifen durch die Stadt. Gott ist melancholisch. Er bittet sogar um Verzeihung, dass ihm wohl bei seiner Schöpfung einiges schief gegangen sei. Er sucht Trost. Axel Hacke tauscht hier die Rollen. Das ist spannend und sorgt für Überraschungen. Nicht der Mensch sucht, so wie es sich gehört, Trost bei Gott, sondern Gott ist trostbedürftig. "Solche Umdrehungen mag ich sehr", sagt der Autor, "der Effekt dieser Umdrehung ist, dass die Welt einmal auf links gedreht wird, und man in der Lage ist, die Dinge neu zu sehen. Darum geht es mir, einfach mal einen anderen Blick auf das eigene Leben und die Welt zu bekommen und daraus seine eigenen Schlüsse zu ziehen“.

Der Kern der Welt: Das große Egal

Auf den Wanderungen durch die Stadt führt Gott den Helden auch zum Kern der Welt. Auf einem Abstellgleis treffen sie eine dicke fette Figur, die ein wenig wie ein Seestern aussieht, der sich überfressen hat. Diese zentrale Figur ist "das große Egal“, die Gleichgültigkeit. "Jeder von uns kann verschwinden, kann auf einmal tot sein“, sagt Hacke, „und trotzdem dreht sich die Welt einfach weiter. Der Kern der Welt ist diese Gleichgültigkeit dem Einzelnen gegenüber. Damit muss man erst einmal fertig werden“. Wir sind alle austauschbar, gleichgültig, unwichtig, werden bald vergessen sein. Das ist für jeden Menschen eine narzistische Kränkung und zugleich eine Herausforderung, die uns aufruft und nach einer Antwort verlangt. Der Held in Axel Hackes Geschichte versucht, das große Egal zu ermorden, mit einem Messer zu erstechen, aber dem Egal ist das schnurzegal. Und dann packt er das Egal und kitzelt es durch, so dass es sich halb totlacht: "Das ist seine spontane Aufwallung. Gott sagt zu ihm, du musst begreifen, dass du dir das Leben packen musst, deine Initiative, dein Wille ist es", sagt Hacke, "in dem Moment, in dem Dir klar ist, dass der Kern der Welt diese Gleichgültigkeit ist, gewinnst du ja auch eine große Freiheit. Das ist eben der Moment meines Helden zu sagen: ich probiere es jetzt einfach mal, es ist mir piepegal, was jetzt passiert – ich kitzle es jetzt einfach durch“.

Gott findet Trost

Axel Hackes Geschichte, "Die Tage, die ich mit Gott verbrachte“, ist wunderbar zu lesen und lädt dazu ein, über die großen Fragen der Theologie ganz leicht und einfach ins Gespräch zu kommen. Es ist auch eine Erlösungsgeschichte, denn der Erzähler befreit sich und seinen Vater von der großen Angst, die einen lähmen kann. Dazu hat Michael Sowa herrliche Bilder gemalt, die den melancholischen Gott und seine Welt verträumt sichtbar machen. Und am Ende? Bekommt Gott, der mit seiner Schöpfung nicht so zufrieden ist, was er sucht? Wird er getröstet? Ja, das wird er! "Gott sieht die Familie des Erzählers“, erklärt Hacke, "dieses Zusammenleben der Menschen, die sich gefunden haben im Leben, die einen Zusammenhang entdeckt haben und die diesen Zusammenhang auch leben und die damit etwas empfinden, was man Glück nennen könnte. Das ist natürlich sehr tröstend für Gott, dass er sieht: Ja! – Das habe ich auch geschaffen“.


Axel Hacke / © Max Lautenschläger
Axel Hacke / © Max Lautenschläger
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