Arno Geiger über "Selbstportrait mit Flusspferd“

Sich der Gier nach Wachstum widersetzen

"Das Wachstum ist ausgewachsen und geht nur noch in die Breite und übt Druck aus“, sagt Arno Geiger im domradio.de Interview. In seinem Roman "Selbstportrait mit Flusspferd“ stellt er dem 22-jährigen Wachstumsverweigerer Julian ein Zwergflusspferd an die Seite.

Arno Geiger / © Heribert Corn
Arno Geiger / © Heribert Corn

"Das Zwergflusspferd setzt auf Verkleinerung, nicht auf Wachstum – es frisst und schläft und taucht und stinkt vor sich hin. Ein unbrauchbares Tier.“

Julian trottet durch die Stadt wie ein Kind, das seine Uhr verloren hat. Er ist ein Suchender, ein Pilger. "Er gibt zu, dass er die Welt nicht versteht, dass er sich nicht einbildet zu wissen, wo es langgeht“, sagt Geiger. Wenn man jung sei, dann gehe es heute doch nur noch darum beim Kampf um die besten Plätze in der Gesellschaft keine Sekunde zu verlieren. "Du musst immer wissen, wohin du willst“, sagt Geiger. Julian aber lässt sich Zeit und sucht. "Er hat den Wunsch, mit der Welt eins zu sein. Das ist ein Glaube, da ist immer etwas Transzendentes drinnen“.

Arno Geigers Romanheld ist ein Idealist, der nichts Abgebrühtes hat. "Das ist keine zielstrebige Pilgerreise. Das ist wie bei Parsifal, der als naiver fast torenhafter junger Mann in die Welt tritt und etwas sucht, von dem er sich Erlösung erhofft, aber er weiß nicht, wie dieser heilige Gral aussieht und wo er sich befindet“. Arno Geiger hat einen weitsichtig klugen Roman über die Schwierigkeiten des Erwachsenwerdens geschrieben, über den Idealismus, der notwendig ist, weil er die Grenzen des eindimensionalen alltäglichen Realismus aufzeigt, der zur Folge hat, dass alle Sehnsucht nach Transzendenz schleichend verdunstet.


Arno Geiger / © Heribert Corn
Arno Geiger / © Heribert Corn