Ales Steger über sein Buch "Archiv der toten Seelen“

Eine Reise in die Finsternis Europas

"Dieses Herz braucht dringend eine Transfusion. Was macht man mit einem Herzen ohne Blut". Das schreibt Ales Steger über die Bischofskirche in Maribor. In seinem Buch "Archiv der toten Seelen" macht sich der wichtigste slowenische Schriftsteller auf die Suche nach der Geschichte Maribors, der Kulturhauptstadt Europas 2012. Eine Geschichte, die viel über die Vergangenheit und Probleme Europas offenbart.

Ales Steger / © Joze Suhadonik
Ales Steger / © Joze Suhadonik

"Es geht um die Vergangenheit, um die Wahrheit darüber, woher wir kommen und wer wir sind", schreibt Ales Steger in seinem neuen Roman. In "Archiv der toten Seelen" recherchiert ein mysteriöses Pärchen in Maribor. Die beiden sind angeblich im Auftrag des österreichischen Rundfunks unterwegs und interviewen prominente Drahtzieher der Stadt. Sie sind einer Verschwörung auf der Spur, dem "großen Ork", der die Geschicke der Stadt im Verborgenen lenkt. Dabei treffen sie auch auf Pater Kirilov, der das Erzbistum Maribor mit Finanzspekulationen in die Pleite getrieben hat und von Rom suspendiert wurde. Eine Geschichte, die auf wahre Begebenheiten beruht. "Die Mariborer Erzdiözese wird ab jetzt als arme Kirche funktionieren müssen", heißt es im Roman, "sie wird zurückkehren müssen zum Ausgangspunkt des heiligen Petrus. Sie wird eine Reinigung erleben".

Im domradio.de Interview erzählt der Autor, warum er seinen Roman in die Karnevalszeit verlegt hat und er spricht über seine Zeit als Kulturstadtbeauftragter in Maribor, eine Zeit, die ihn auch zu seinem Roman inspiriert hat. "Wir sind hier, damit aus der Vergangenheit Zukunft wird", sagt Steger. Vergessen ist für ihn eine Illusion – ebenso wie Vergebung. Aber wie geht man mit der Vergangenheit einer Stadt um, die von traumatischen Episoden geprägt ist? "Wenn man heute irgendwo in Slwowenien gräbt, dann findet man überall Menschenknochen", erzählt Steger. Viel zu wenig würde in Slowenien getan, um die Vergangenheit aufzuarbeiten und deshalb "bleiben die toten Seelen, die in der Stadt Maribor herumgeistern, genauso lebendig tot, wie sie sind".

Ales Stegers Roman ist eine phantastische Spurensuche. Er stellt die großen Fragen nach Identität und Herkunft des Menschseins am Beispiel der Stadt Maribor. Zugleich ist das Buch eine Reise in die Finsternis Europas. Und der Autor macht sich über alle Arten von Verschwörungstheorien lustig, oft muss man beim Lesen lachen – ein kluger, ein komischer, ein tiefsinniger, ein aktueller und bis zur letzten Seite spannender Roman.