Morgenimpuls mit Schwester Katharina

Gelebte Glaubensgeschichte

Nach dem Tod einer Tante haben Angehörige aufgeräumt und entsorgt und manche Sachen dann doch aufgehoben und weitergegeben, weil man das Gefühl hatte, das ist irgendwie wertvoll. Und so hat eine Mitschwester ein kleines Gebetbüchlein erhalten. Wirklich klein wie eine gefaltete Postkarte und 48 bedruckten Seiten mit "Ausgewählte Gebete für die Jugend" mit Morgen- und Abendgebeten, Fürbitten in verschiedenen Lebenslagen und speziellen Gebeten zum heiligen Josef und anderen Heiligen. Das alles natürlich in der Sprache der damaligen Zeit, denn das Büchlein ist 1912 gedruckt worden.

Das eine, was mich beeindruckt, ist die gelebte Glaubensgeschichte, die Menschen immer neu bewegt hat Gebete zu formulieren, zu drucken und weiterzugeben. Weil es einem selbst wichtig ist. Aber das viel beeindruckendere an diesem kleinen Buch ist, dass es noch 30 vollkommen unbedruckte, also gänzlich leere Seiten hat. Diese 30 Seiten waren also die Einladung an die oder den Besitzer, eigene Texte oder Gebete hineinzuschreiben. Und das hat diese Frau auch gemacht. Sie hat in das Buch Texte und Fürbitten geschrieben in der alten deutschen Schrift, die wir kaum noch entziffern können. Ein paar Seiten sind herausgerissen, weil ihr vielleicht ihre eigenen Gebete nicht mehr passend erschienen und es lagen ganz viele sehr eng beschriebene Zettel darin mit Selbstformuliertem.

Mich und uns hat dieses Gebetbuch sehr erfreut und auch nachdenklich gemacht. Was würden Sie heute, mehr als 110 Jahre später, in ein Gebetbuch schreiben? Welches gelernte oder mal irgendwie im Internet gefundene Gebet würden Sie dort aufschreiben, um es zu bewahren oder sogar weitergeben?

Mir fällt dieser Tage immer dieser kurze Ruf ein, den wir zwischen den verschiedenen Kreuzwegstationen beten: "Heiliger Gott, heiliger starker Gott, heiliger Unsterblicher, erbarm, erbarm Dich unser" und das ist ein sehr altes und trotzdem immer noch so aktuelles Gebet.

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