Caritas International hilft beim Katastrophenschutz

Schon kleine Maßnahmen retten Leben

Die Schäden sind beträchtlich, aber nicht katastrophal. Über das riesige Rohingya-Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesh ist ein Zyklon gezogen. Warum Schlimmeres ausblieb , erklärt Angela Gärtner von Caritas International.

Blick auf das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesh vor dem Zyklon Sitrang (CI)
Blick auf das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesh vor dem Zyklon Sitrang / ( CI )

DOMRADIO.DE: Was ist Ihre Bilanz zwei Tage nach dem Sturm? Welche Ausmaße hatte der Zyklon?

Angela Gärtner (Referentin für Bangladesch bei Caritas International): Der Zyklon ist über die ganze Küstenregion von Bangladesch gezogen. Wir haben natürlich Schäden. Wir haben rund 10.000 zerstörte Häuser, viele Ernten, Fischteiche, weitere Infrastruktur, Straßen sind betroffen. Der Zyklon hat also schon Schäden angerichtet, aber man ist tatsächlich noch mal von deutlich mehr ausgegangen. Und insbesondere, wenn wir uns das Flüchtlingslager Kutupalong anschauen, hatten wir damit gerechnet, dass es zu größeren Zerstörungen kommt.

DOMRADIO.DE: Also Sie sagen, dass es nicht viel, viel schlimmer gekommen ist, ist ein großes Glück. Und das haben Sie mit Präventionsmaßnahmen erreichen können. Was genau waren das für Maßnahmen?

Gärtner: Bangladesch gehört ja leider zu den Ländern, die relativ häufig Zyklone, Wirbelstürme erleben, aber auch vom steigenden Meeresspiegel betroffen sind. Das heißt Katastrophen-Prävention ist schon seit vielen Jahren ein großes Thema.

Man kann da mit ganz kleinen Sachen schon relativ viel erreichen. Zum Beispiel, dass man die Dächer fester mit Schnüren zusammenbindet und an die Konstruktionen, an die Pfeiler befestigt. Man kann natürlich die Pfeiler verstärken, man kann aber auch Schutzmauern bauen, die Wände befestigen. Es gibt also mehrere, auch relativ kostengünstige Optionen, bei denen wir jetzt erneut gesehen haben, wie viel damit erreicht werden kann.

DOMRADIO.DE: Die Naturkatastrophen werden ja nicht weniger. Wie kann man auf lange Sicht die Prävention sicherstellen?

Angela Gärtner

"Der Klimawandel wird dafür sorgen, dass mehr Naturkatastrophen stattfinden, dass insgesamt die landwirtschaftlichen Fähigkeiten, die Lebensbedingungen für die Leute in den Küstenregionen immer schwerer werden."

Gärtner: Ganz wichtig ist es, eine Sensibilität bei den lokalen Behörden, bei der Regierung, bei den staatlichen Organisationen zu schaffen, dass für Bangladesch die nächsten Jahre immer schwieriger wird. Der Klimawandel wird dafür sorgen, dass mehr Naturkatastrophen stattfinden, dass insgesamt die landwirtschaftlichen Fähigkeiten, die Lebensbedingungen für die Leute in den Küstenregionen immer schwerer werden. Das heißt, wir arbeiten eng mit den staatlichen Institutionen zusammen, aber natürlich auch mit den Leuten, die da leben.

Wenn man mit ihnen diskutiert, sehen sie ja selber: Was hat sich verändert in den letzten zehn, 15 Jahren? Wie wird die Ernte geringer? Welche Reis-Sorten können nicht mehr angebaut werden? Wie oft kommt ein Zyklon? Wo findet man Unterschlupf? Und dann beginnt man gemeinsam zu planen, was man verändern kann. Das ist zum einen, dass man Zyklon-Schutz baut, wo die Leute im Katastrophenfall Unterschlupf finden, aber auch im kleineren Rahmen. Wie kann man die Landwirtschaft anpassen an die veränderten Bedingungen und wie kann man das Risiko reduzieren und den Leuten die Lebenssituation verbessern?

DOMRADIO.DE: Lassen Sie uns noch mal speziell auf das Flüchtlingslager Kutupalong schauen. Etwa eine Million Menschen leben dort. Wie ist die Situation dort

Archiv: Blick in das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesh (Reuters)
Archiv: Blick in das Flüchtlingslager Kutupalong in Bangladesh / ( Reuters )

Gärtner: Die Leute leben da seit fünf Jahren und die Perspektiven sind extrem düster. Die Menschen dürfen das Flüchtlingslager nicht verlassen. Die Einkommensmöglichkeiten sind marginal. Auch Perspektiven, dass die Leute zurück nach Myanmar, in ihre Heimat können, um sich ein Leben neu aufzubauen, sind momentan nicht zu erkennen. Es gibt keinen politischen Prozess, der wirklich Hoffnung machen könnte.

Angela Gärtner

"Es gibt keinen politischen Prozess, der wirklich Hoffnung machen könnte."

Es geht also tatsächlich weiterhin selbst nach fünf Jahren darum, die Leute mit Nothilfe die Lebensbedingungen so zu gestalten, dass es ihnen einigermaßen gut geht. Aber langfristigen Maßnahmen wie in Bildung zu investieren und in Einkommensmöglichkeiten sind von außen Grenzen gesetzt.

Das Interview führte Hilde Regeniter.

Rohingya

Als "Rohingya" bezeichnen sich die rund eine Million Muslime in Myanmars Teilstaat Rakhine (ehemals Arakan). Etwa eine weitere Million Rohingya leben als Flüchtlinge in Nachbarländern. Sie verstehen sich selbst als eigenständige ethnisch-religiöse Gruppe und gelten als eine der am stärksten verfolgten Minderheiten der Erde.

Staatliche Stellen in Myanmar vermeiden die Bezeichnung Rohingya und sprechen stattdessen von "Bengalis", die illegal aus dem benachbarten Bangladesch eingewandert seien.

Rohingya-Flüchtlingskind im Lager in Bangladesch / © Kay Nietfeld (dpa)
Rohingya-Flüchtlingskind im Lager in Bangladesch / © Kay Nietfeld ( dpa )