Theologin Calmeyn kritisiert Medien wegen Aupetit-Gerüchten

"Wenn ich ein Mann gewesen wäre..."

Der Rücktritt von Michel Aupetit hallt nach. Nun hat die Theologin Laetitia Calmeyn, von einem Boulevardmagazin als "Freundin" des zurückgetretenen Pariser Erzbischofs bezeichnet, die Rolle der Medien in dem Skandal beklagt.

Zeitungen auf einem Tisch / © Julia Steinbrecht (KNA)
Zeitungen auf einem Tisch / © Julia Steinbrecht ( KNA )

"Wenn ich ein Mann gewesen wäre, wäre die Frage der Freundschaft mit Bischof Aupetit nicht aufgekommen", sagte die 46-Jährige im Interview der Zeitung "La Croix".

Nach dem ersten Schock habe sie sich entscheiden, selbst an die Öffentlichkeit zu gehen, so Calmeyn, die am renommierten Pariser College des Bernardins Theologie lehrt und das Höhere Institut für Religionswissenschaften (ISSR) leitet. Zudem wird sie als Beraterin der vatikanischen Glaubenskongregation geführt.

Sie fragt: "Sollen Frauen in der Kirche zu Objekten von Verdacht, Fantasie oder Unterwürfigkeit reduziert werden? Bedeutet all dies, dass in der Kirche und in den Augen der Welt eine freundschaftliche Beziehung zwischen Mann und Frau undenkbar ist?"

Enthüllungsstory in Boulevardmagazin

Das Boulevardmagazin "Paris Match" hatte am Donnerstag eine neue Enthüllungsstory über Aupetit veröffentlicht. Ein mit langer Brennweite (Teleobjektiv) gemachtes Foto auf dem Titelblatt zeigte den 70-Jährigen mit seiner angeblichen "Freundin Laetitia" und der Zeitangabe "6. Dezember"; dazu die Titelzeile: "Kein Pardon für den Pariser Erzbischof. Er hatte den Papst belogen."

Papst Franziskus hatte kürzlich den Amtsverzicht Aupetits angenommen.

Vorausgegangen waren Medienberichte über Querelen innerhalb der Erzdiözese sowie Gerüchte über ein Verhältnis mit einer Frau im Jahr 2012. Aupetit wies dies zurück, räumte aber ein womöglich "mehrdeutiges Verhalten" ein. Bei seinem Rückflug von Athen nach Rom hatte Franziskus vor einer Woche die Medien für den Rückzug Aupetits verantwortlich gemacht. Diese sollten genauer recherchieren und nicht bloß aufgrund von Gerüchten urteilen.

Rechtliche Schritte angekündigt

Aupetit dementierte über einen Anwalt scharf und verwahrte sich gegen "lügnerische Behauptungen" und "abstoßende Methoden" des Blatts. Er kündigte rechtliche Schritte an. Calmeyn ergänzte, Anwälte prüften derzeit alle Alternativen zum Gegenstand der Klage: Verletzung der Privatsphäre, Verleumdung etc. "Wir müssen vermeiden, dass sich so etwas wiederholt, so die Theologin. Der Skandal bestehe "gewiss nicht" in einer Freundschaft, "sondern in dem Bösen, das auf diese Freundschaft projiziert wird".

Calmeyn verwahrte sich auch gegen den Vorwurf, einen unverhältnismäßigen Platz in der Leitung der Erzdiözese Paris eingenommen zu haben. Sie habe gar nicht zum Leitungsteam Aupetits gehört; und wenn sie in irgendeiner Frage von Priestern oder Laien konsultiert worden sei, dann wegen ihrer theologischen Kompetenz.

Seit 2013 ist die gebürtige Belgierin eine Geweihte Jungfrau der Erzdiözese Paris; mithin eine Frau, die sich in den Dienst Gottes gestellt und dabei Jungfräulichkeit gelobt hat. Von ihnen gibt es weltweit nur etwa 5.000, davon rund 200 in Deutschland.


Erzbischof Michel Aupetit (m.) auf dem Weg zur ersten Messe in der Kathedrale Notre-Dame nach dem Brand / © Guillaume Poli (KNA)
Erzbischof Michel Aupetit (m.) auf dem Weg zur ersten Messe in der Kathedrale Notre-Dame nach dem Brand / © Guillaume Poli ( KNA )
Quelle:
KNA