Prälat Bachner ruft im Kölner Dom Christen zum "Weg engagierter Gelassenheit" auf

"Gott Raum und Zeit geben"

Am elften Sonntag im Jahreskreis übertrug domradio.de das Kapitelsamt aus dem Kölner Dom. In seiner Predigt rief Domkapitular Prälat Gerd Bachner auf, der Einladung Christi zu folgen, Gott Raum und Zeit zu geben. "Im Tagesablauf, im Wochenablauf, am Sonntag", sollten Christen dabei "engagierte Gelassenheit" als Weg wählen.

 (DR)

"Für dich gegeben" lautet eine der Spendeformeln beim Abendmahl in der Evangelischen Kirche. "Amen" heißt die Antwort. Amen: Ja, so ist es. Ich vertraue darauf. Und wenn von "Eucharistie" die Rede ist, unterstreicht das Wort, was aus solchem Empfangen erwächst: nämlich Dank in Wort und Tat. Das alles ist nicht selbstverständlich. Schließlich haben heute viele das Empfinden: Was geschenkt ist, kann nicht viel wert sein. Gott nimmt es auf sich, sich solchem Missverständnis auszusetzen. Er lässt sich nicht davon abhalten, zu schenken, zu geben, sich mitzuteilen, von sich auszuteilen. Gott sei Dank.

Wortgottesdienst

Erste Lesung
"Muss ich denn alles selber machen?", so lautet der Stoßseufzer vieler, die für ein großes Arbeitsgebiet zuständig sind und sich in der eng begrenzten Zeit nicht auch noch um die letzte Kleinigkeit kümmern wollen. Anders Gott an dieser Stelle: "Ja, ich selbst will es tun - ich selbst nehme dich, ich selbst pflanze dich wieder ein."  Ich selbst setze mich für dich ein - so die verheißungsvolle Botschaft Gottes für sein Volk. Hatten doch vorher die Weltmächte Babylon und Ägypten - wie mächtige Adler es mit einem kleinen Zweig tun können - das kleine Israel einmal herausgebrochen aus seiner Umgebung, einmal versorgt und gelockt. In der Art einer Tierfabel schreibt der Prophet Ezechiel über die Zeit des Exils. Dann aber greift Gott selbst ein:  pflanzt Israel aufs Neue in das verheißene Land, lässt das Kleine groß werden und bringt Verdorrtes zum Leben. So zeigt sich Gottes Gottheit den Völkern der Welt. Daran ist er zu erkennen.   

Zweite Lesung
Sich im eigenen Leben fremd fühlen, Sehnsucht haben nach einem ganz anderen Dasein, sich eine Heimat wünschen und zugleich wissen, dass man eine solche sich in Vollendung nicht schaffen kann - Paulus kennt das. Und er tröstet sich selbst und zugleich die Frauen und Männer der Gemeinde in Korinth: Sie können doch zuversichtlich sein. Sie haben doch eine Aus-Sicht über das Bestehende hinaus. Für die eigene Gegenwart haben sie ja auch erst einmal noch genug zu tun: auf Gottes Anrede zu antworten und ihm in ihrem Tun und Lassen zu gefallen suchen - in dem Bewusstsein, auch darin schon mit Kommendem zu rechnen, nämlich mit dem aufrichtenden und richtigstellenden Wort Christi, des Weltenrichters.  

Evangelium
"Den Seinen gibt's der Herr im Schlaf" -  fast nur ironisch hören wir heutzutage den Vers aus Psalm 127. Stattdessen wird der Satz: "Streng dich an!" zum äußeren und inneren Antreiber. Streng dich an! Lass sehen, wie mühsam, wie schwer dein Leben, deine Arbeit, sogar die Freizeitgestaltung ist! Streng dich an: in der Gemeinde, im kirchlichen Leben, auf dem eigenen Glaubensweg! Streng dich an? Wer solchem Antreiber ausgeliefert ist, gerät in Gefahr, nicht nur sein Ziel aus den Augen zu verlieren, sondern auch die Freude. Wie viel Erlaubnis und wie viel Versprechen begegnet uns stattdessen im Evangelium! Gottes Reich wächst, gerade in den Zeiten der Muße und des Durchatmens. Gottes Reich wächst: Aus winzigen Samen wird ein großer Zufluchthafen. Gottes Reich wächst: Du darfst es geschehen lassen.  


Gott, weil er groß ist, gibt am liebsten große Gaben,
ach, dass wir Armen nur so kleine Herzen haben.

Johann Scheffler, 1657