Erzbischof Schick fordert Rückbesinnung auf olympische Idee

"Die olympischen Ideale müssen wieder im Vordergrund stehen"

Der sportbegeisterte Bamberger Erzbischof Ludwig Schick hat das Internationale Olympische Komitee (IOC) zur Kurskorrektur aufgefordert. Die Spiele müssten endlich wieder mit den olympischen Idealen verknüpft werden, sagte der Vorsitzende der Kommission Weltkirche der Deutschen Bischofskonferenz der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Mittwoch in Bamberg. Kommerz und Leistungsorientierung dürften nicht alles sein.

 (DR)

KNA: Herr Erzbischof, hätten die Spiele in Peking angesichts der Lage der Menschenrechte in China boykottiert werden sollen?
Schick: Ich bin immer dafür gewesen, die Olympischen Spiele nicht abzusagen. Denn absagen heißt kapitulieren. Es muss jedoch alles dafür getan werden, dass die Wettkämpfe im Sinne des olympischen Geistes durchgeführt werden - das heißt: Freiheit, Frieden, Menschenwürde und Menschenrechte. Dafür müssen alle eintreten.

KNA: Welche Rolle sollten die Menschenrechte bei der Vergabe spielen?
Schick: Die olympische Idee mit ihren Idealen muss wieder mit den Spielen verknüpft werden. Dass dies nicht passiert, ist nicht nur ein Versäumnis in Bezug auf die Spiele in Peking. Wenn wir heute von Olympia sprechen, reden wir nur über Leistungen, speziell Spitzenleistungen. Wer da durchfällt, zählt überhaupt nicht mehr. Im Moment kann man mit dem, was bei den Olympischen Spielen passiert, und wie sie abgehalten werden, nicht zufrieden sein. «Immer schneller, immer höher, immer weiter» darf nicht alles sein.

KNA: Das IOC zieht sich darauf zurück, kein politisches Mandat zu haben ...
Schick: Nichts Öffentliches auf dieser Welt ist unpolitisch. Alles hat Auswirkungen. Politik heißt, Gesellschaft gestalten. Gerade die Spiele, zu denen ein Großteil der Welt zusammenkommt, sind natürlich weltgestaltend und deshalb politisch.

KNA: Das IOC ist also zu passiv in dieser Frage.
Schick: Das IOC darf nicht nur sportliche Spitzenleistungen im Blick haben, sondern muss sich immer wieder vergewissern, was Olympia ausmacht und was es sein soll.

KNA: Haben die Sponsoren zu viel Einfluss?
Schick: Der Kommerz spielt eine zu große Rolle: In erster Linie geht es um die Fernsehrechte, dann darum, wer am besten die Sportpaläste finanzieren kann, und ums Sponsoring der Großindustrie. Das prägt das Bewusstsein, und das IOC ist dafür mitverantwortlich. Es müssen endlich wieder die olympischen Ideale im Vordergrund stehen.

KNA: Haben Sie Hoffnung, dass dies Erfolg hat?
Schick: Ein Christ ist ein Mensch der Hoffnung. Wir setzen immer darauf, dass sich der Mensch und die Gesellschaft zum Besseren bekehren können. Wir müssen klar die Fehler benennen und dürfen darauf hoffen, dass sich dadurch etwas ändert. Wenn alle an einem Strang ziehen, können die Olympischen Spiele etwas erreichen, vor allem einen Erfolg für die Menschenrechte in China und in der Welt. Sie können für Verständigung und Völkerfreundschaften einen großen Beitrag leisten.

KNA: Was würden Sie einem Sportler sagen, wenn er über einen Boykott der Spiele aus Menschenrechtsgründen nachdenkt?
Schick: Gewissensentscheidungen sind immer zu respektieren. Ich hätte Verständnis dafür, wenn einer sagt: «In der jetzigen Situation gehe ich nicht hin.» Aber ich würde von ihm schon verlangen, deutlich zu machen, warum er nicht hingeht. Einfach zu sagen «Ich nehme nicht teil», ist mir zu wenig.

KNA: Was raten Sie der Politik?
Schick: Sie muss klipp und klar sagen, was Olympische Spiele sein sollen, was sie für die globale Weltpolitik bedeuten und dass sie nicht für Nationalismus und Machterweiterung einzelner Staaten missbraucht werden dürfen. Wir Deutsche müssen dabei an die Olympischen Spiele 1936 in Berlin erinnern. Sie haben den Nazis genutzt und der Weltgemeinschaft geschadet.

KNA: Werden Sie persönlich die Wettkämpfe verfolgen?
Schick: Selbstverständlich schaue ich sie mir an, soweit ich Zeit habe. Der olympische Geist muss aber in die Köpfe.

KNA: Gibt es Sportarten, die Sie besonders mögen?
Schick: Die Leichtathletik interessiert mich am meisten: Die Langstreckenläufe, Hoch- und Weitsprung, Kugelstoßen. Aber auch Turnen und Schwimmen sehe ich sehr gerne.