Unicef: 500.000 Kinder fliehen vor Gewalt im Nordwesten Syriens

"Es ist Zeit, dass die Waffen schweigen"

Im Nordwesten Syriens sind seit Anfang Dezember nach Schätzungen des UN-Kinderhilfswerks Unicef mehr als eine halbe Million Kinder vor schwerer Gewalt geflohen. Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore bezeichnet die Lage der Kinder als absolut unhaltbar.

Syrische Kinder auf der Flucht / © quetions123 (shutterstock)
Syrische Kinder auf der Flucht / © quetions123 ( shutterstock )

"Kinder und Familien sind gefangen in einer verzweifelten Situation voller Gewalt, bitterer Kälte, Nahrungsmangel und furchtbaren Lebensbedingungen", erklärte die Unicef-Exekutivdirektorin Henrietta Fore am Dienstag. In der umkämpften Provinz Idlib seien allein seit Beginn des Jahres 77 Kinder getötet oder verletzt worden - die tatsächlichen Zahlen lägen vermutlich noch höher.

Die Lage für syrische Kinder in Idlib bezeichnete Fore als absolut unhaltbar. Nach neun Jahren Bürgerkrieg lebten dort zehntausende Kinder und ihre Familie bei eiskalten Temperaturen, Regen oder Schnee im Freien. Das dürfe nicht weitergehen, betonte Fore.

Fore: Kinder müssen geschützt werden

Die Unicef-Direktorin rief alle Kriegsparteien auf, Kinder und die Infrastruktur, von der ihr Leben abhänge, zu schützen. "Es ist Zeit, dass die Waffen schweigen und die Gewalt von allen Seiten gestoppt wird." Die Armee des syrischen Machthabers Baschar al-Assad, das russische Militär und verbündete Milizen gehen seit April 2019 in Idlib gegen islamistische Kämpfer vor, die sich dort verschanzt halten.

Die Diakonie wartn derweil vor einer "riesigen humanitären Katastrophe". "Eine so große Fluchtbewegung innerhalb kürzester Zeit ist selbst in neun Jahren Syrien-Krieg beispiellos", sagte der Leiter der Diakonie Katastrophenhilfe, Martin Keßler, am Mittwoch in Berlin. "Jetzt tritt ein, wovor humanitäre Helfer seit Monaten warnen: Das humanitäre Völkerrecht wird völlig missachtet, Hunderttausende Menschen müssen aus Todesangst fliehen."

Im Freien und bei Kälte übernachten

Die Menschen könnten sich kaum in Sicherheit bringen oder Unterstützung bekommen, erklärte Keßler weiter. Im Laufe des Krieges hätten bereits Hunderttausende in Idlib Schutz gesucht, selbst in Bauruinen fänden die Menschen kaum mehr Platz. "So haben die Flüchtlinge keine andere Chance, als im Freien zu übernachten, und das bei klirrender Kälte." Keßler appellierte an die Kriegsparteien, die Flucht der Zivilbevölkerung nicht zu behindern und humanitären Helfern den Zugang zu ermöglichen.

Der Syrien-Krieg begann 2011 mit einem Volksaufstand gegen Assad. Rebellen und Terrorgruppen eroberten weite Teile des Landes. Mit Hilfe Russlands und des Irans gewann Assad die meisten Gebiete zurück.


Quelle:
epd , KNA