Bartholomaios besucht griechisch-orthodoxen Erzbischof

Entspannung im Konflikt um die neue ukrainische Kirche?

Die "Heilige Kirche der Ukraine" ist zum Politikum geworden. Seit Gründung gibt es Streit unter den nunmehr 15 orthodoxen Kirchen - und den beteiligten Staaten. Jetzt sucht Patriarch Bartholomaios Unterstützung in Athen.

Autor/in:
Philipp Mattheis
Bartholomaios I. mit einem Mikrofon in der Hand / © Sascha Baumann (KNA)
Bartholomaios I. mit einem Mikrofon in der Hand / © Sascha Baumann ( KNA )

Der ökumenische Patriarch Bartholomaios I. reist am Mittwoch nach Athen. Dort trifft der Patriarch von Konstantinopel auf den griechischen Erzbischof Hieronymos II., Oberhaupt der orthodoxen Kirche Griechenlands. Es wird erwartet, dass Hieronymos die Entscheidung des Patriarchats von Konstantinopel, die im Spätherbst neu gegründete ukrainische Kirche für unabhängig zu erklären, unterstützen wird.

Gespannte Beziehungen

Die Beziehungen zwischen beiden Kirchen galten zuletzt als gespannt. Die griechische Zeitung Katherimini bezeichnete das Treffen deswegen als "Beginn eines neuen Kapitels".

Für große Aufregung sorgte die Anerkennung der im Dezember 2018 aus zwei bis dahin als schismatisch geltenden Kirchen neu gebildeten ukrainischen Landeskirche als eigenständige orthodoxe Kirche. Im Januar wurde dem Kiewer Metropoliten Epiphanius, Oberhaupt der neuen "Heiligen Kirche der Ukraine", in Istanbul offiziell die Anerkennungsurkunde (Tomos) als Zeichen der Unabhängigkeit

Streit um ukrainische Kirche

(Autokephalie) überreicht. Das Patriarchat von Moskau, das den Anspruch auf die kirchliche Oberhoheit in der Ukraine erhebt und zu dem die Mehrheit der orthodoxen Gemeinden des Landes gehören, protestierte scharf. Denn mit der Anerkennung der neuen "Orthodoxen Kirche der Ukraine" als 15. autokephalen orthodoxen Kirche würde die seit dem 17. Jahrhundert bestehende Zugehörigkeit der Ukraine zum Moskauer Patriarchat beendet.

Kirche und Politik

Der Moskauer Patriarch Kyrill I. und seine Kirchenleitung hatten bereits im vergangenen Herbst die Gemeinschaft mit Konstantinopel wegen dessen Ukraine-Politik aufgekündigt. Die Tomos-Übergabe, so die Moskauer Position, werde nicht nur zu einer Spaltung der Orthodoxen Kirche führen, sondern auch den Führungsanspruch des Patriarchats von Konstantinopel unterminieren. Zugleich war die Übergabe der Urkunde auch ein politische Ereignis, dem der damalige ukrainische Staatspräsident Petro Poroschenko beiwohnte. Mit der Kirchengründung wurde das Land nochmals mehr dem Einfluss Moskaus entzogen.

Die Beziehungen zwischen den Ostkirchen sind komplex. Der Patriarch von Konstantinopel gilt als Ehrenoberhaupt, als "Primus inter pares" (Erster unter Gleichen) der Orthodoxie. Er hat aber keine Jurisdiktionsgewalt in den anderen orthodoxen Kirchen mit zusammen rund 250 bis 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit - anders als der Papst in der römisch-katholischen Kirche. Zudem ist das Patriarchat von Konstantinopel in den vergangenen Jahrzehnten auf wenige tausend Gläubige in der Türkei geschrumpft - hinzu kommt aber eine große Diaspora in der westlichen Welt. Da der türkische Staat das Priesterseminar auf der Insel Chalki (Heybeliada) bei Istanbul geschlossen hat, kann die Kirche zudem keinen Nachwuchs mehr ausbilden. Das Patriarchat von Moskau umfasst rund 150 Millionen Gläubige.

Warten auf Anerkennung

Ob sich die ukrainische Kirche als unabhängig etablieren kann, hängt maßgeblich von der Reaktion der anderen autokephalen Kirchen ab, von denen noch keine eine Anerkennung ausgesprochen hat. Dieser Prozess kann sich aber über Jahre hinziehen. Deswegen sucht Bartholomaios am Mittwoch die Unterstützung seines Athener Kollegen.

Ankara wiederum erkennt aus anderen Gründen die Oberhoheit des Patriarchats von Konstantinopel über die anderen orthodoxen Kirchen nicht an: Weil keine überstaatliche Funktion einer Organisation mit Sitz in der Türkei gewünscht ist, gewährt Ankara dem Patriarchat zwar Religionsfreiheit, nicht aber die Souveränität über andere orthodoxe Kirchen.

 

Quelle:
KNA
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