Hilfswerke fordern sichere Häfen für Mittelmeerflüchtlinge

"Quälende und langwierige Debatten"

Zahlreiche europäische Hilfsorganisationen haben die Bundesregierung aufgerufen, sich für schnelle und verbindliche Verfahren für die aus Seenot geretteten Flüchtlinge einzusetzen.

Das Flüchtlingsrettungsschiff Sea-Watch / © Chris Grodotzki (dpa)
Das Flüchtlingsrettungsschiff Sea-Watch / © Chris Grodotzki ( dpa )

Jedes Mal, wenn ein Schiff Geflohene im Mittelmeer gerettet habe, führten die EU-Regierungen quälende und langwierige Debatten darüber, wo das Schiff anlegen und welche Länder die Geretteten aufnehmen könnten, hieß es in einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief an Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).

Seit mehr als sechs Monaten versuchten die EU-Regierungen erfolglos, sich auf ein Verfahren zu einigen. Derweil seien seit Januar 2018 mindestens 2.500 Frauen, Kinder und Männer im Mittelmeer ertrunken. Dennoch übten europäische Regierungen unangemessenen Druck auf die privaten Organisationen aus, die im Mittelmeer Geflohene suchten und retteten, statt sie zu unterstützen, hieß es in dem Brief von knapp 40 Organisationen und Initiativen, darunter "Ärzte ohne Grenzen", Oxfam, Pro Asyl und Caritas Europa. Auch die EU-Marinemission "Sophia" laufe Gefahr, eingestellt zu werden, weil sich die Regierungen nicht darauf einigen könnten, wo die Geretteten von Bord gehen sollten.

Folter in Libyen

Stattdessen würden die Menschen nach Libyen zurückgebracht, wo sie mit großer Wahrscheinlichkeit willkürlich inhaftiert, misshandelt, gefoltert oder in die Sklaverei verkauft würden, heißt es in dem Brief. Laut den UN seien 2018 über 15.000 Migranten nach Libyen zurückgebracht worden. Laut internationalem Recht sollten auf See gerettete Menschen jedoch an den nächsten sicheren Ort gebracht werden. Das Recht, Asyl zu suchen, sei in den Verträgen der EU ebenso verankert wie der Grundsatz der Nichtzurückweisung.

Vom EU-Rat für Justiz und Inneres, der am Donnerstag kommender Woche in Bukarest zu einem informellen Treffen zusammenkommt, fordern die Organisationen die Unterstützung von Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer, zügige und verlässliche Ausschiffungsregelungen und das Ende der Rückführungen nach Libyen. Angesichts der immer dramatischeren Situation im Mittelmeer müssten diese Maßnahmen umgehend ergriffen werden.

Zuletzt mussten 47 Flüchtlinge an Bord der "Sea-Watch 3" zwölf Tage lang ausharren, bis sie am Donnerstag in der italienischen Hafenstadt Catania an Land gehen konnten. Davor hatten die EU-Staaten tagelang über die Verteilung der Geretteten verhandelt.

Sea-Eye dankt Kardinal Marx und anderen kirchlichen Spendern

Der deutsche Flüchtlingshilfeverein Sea-Eye hat sich derweil für Zuwendungen aus dem Raum der Kirchen bedankt. Damit seien die nächsten Rettungseinsätze auf dem Mittelmeer finanziell abgesichert. Ausdrücklich dankte die in Regensburg beheimatete Organisation am Donnerstag dem Münchner Kardinal Reinhard Marx, der auf ein Hilfegesuch kurzfristig eine Spende seines Erzbistums in Höhe von 50.000 Euro veranlasst habe. Nach der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und dem Mennonitischen Hilfswerk gehöre nun auch die katholische Kirche zu den Unterstützern von Sea-Eye.

"Die großzügige Spende der Erzdiözese München-Freising zeigt uns die klare Haltung und Antwort der katholischen Kirche zu einer der wichtigsten und gleichermaßen unmenschlichsten Fragen der Gegenwart: Soll man Menschen aus politischen Gründen ertrinken lassen, um andere von der Flucht abzuschrecken?", hieß es in der Mitteilung.

Bereits im vergangenen Jahr hatte Marx eine Spende in derselben Höhe aus Kirchensteuermitteln an eine andere private Seenotrettungsorganisation angewiesen. Am 11. Februar soll die "Professor Albrecht Penck" von Mallorca aus in die nächste Mission vor Libyen aufbrechen. Sie ist nach Auskunft von Sea Eye das erste Schiff einer Hilfsorganisation unter deutscher Flagge. Mehr als 800 ehrenamtliche Rettungskräfte des Vereins hätten sich seit 2015 an der Rettung von 14.395 Menschen beteiligt. (epd, KNA, DOMRADIO.DE)


Quelle:
KNA , epd