Schwester Katharina zum vorläufigen WM-Kader

Mit Neuer, ohne Götze

Rio-Held Mario Götze fährt nicht mit nach Russland, Torwart Manuel Neuer muss sich erst beweisen - Bundestrainer Jogi Löw hat den vorläufigen Kader für die WM in Russland vorgestellt. Unsere "Fußballnonne" Schwester Katharina mit einer Einschätzung.

Vorläufiger WM-Kader vorgestellt / © Federico Gambarini (dpa)
Vorläufiger WM-Kader vorgestellt / © Federico Gambarini ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was waren für Sie die Überraschungen?

Schwester Katharina Hartleib (Ordensschwester vom Franziskanerkonvent in Olpe und Fußballexpertin): Das ist ja jetzt noch keine Aufstellung. Das sind diejenigen, die jetzt mitgenommen werden ins Trainingslager. Jogi Löw hat sehr deutlich gesagt, dass es für ihn immer schwierig ist zu schauen: Wie hat sich das in den letzten Monaten oder vielleicht seit dem Confed Cup entwickelt? Wer hat sich in seinem Verein wie entwickelt? Und natürlich auch: Wer passt wie in Löws Spielsystem? Das spielt ja auch eine Rolle.

Und dann ist es natürlich so: In einem Trainingslager kann immer mal was passieren. Es kann sich jemand - wie das beim letzten Mal war - im letzten Spiel verletzen. Da muss man schon ein paar Leute mehr mithaben. Dass natürlich der Eifer aller, die auf der Liste stehen, besonders groß ist, sich im Trainingslager zu beweisen, das halte ich schon für richtig.

DOMRADIO.DE: Manuel Neuer zum Beispiel muss sich auch erst im Trainingslager beweisen. Das heißt, da ist schon ein Backup mit an Bord, oder?

Schwester Katharina: Auf alle Fälle! Denn es ist natürlich nicht ohne, wenn man nach so einem mehrfachen Fußbruch sagen kann: Ich bin voll wieder drin und es geht. Aber so eine WM ist lang und da kann es manchmal wirklich im letzten oder vorletzten Spiel darauf ankommen, wie fit der Torwart ist. Marc-André ter Stegen hat ja gezeigt, dass er ein hervorragender Vertreter ist. Von daher denke ich, ist das Festhalten an Neuer gut, weil er der Verdienstvolle ist und auch der Kapitän. Aber ich denke, es kann sogar passieren, dass sich Jogi Löw anders entscheidet. Das traue ich ihm zu.

DOMRADIO.DE: Heute Vormittag wurde auch über Mario Götze diskutiert, jetzt wurde er nicht genannt. Überrascht Sie das?

Schwester Katharina: Ich hatte gehofft, dass er nicht genannt wird. Denn das eine sind seine Verdienste und sein WM-Treffer, den ich noch im Kopf habe als wäre es gestern gewesen. Aber er hatte einfach eine richtig schlechte Saison. So etwas kann passieren. Es ist natürlich dramatisch, wenn es die WM-Saison ist. Aber wenn Löw ihn mitgenommen hätte aufgrund seiner Verdienste, hätte ich das komisch gefunden. Von daher finde ich die Entscheidung richtig, weil er einfach nicht in Form ist. 

DOMRADIO.DE: Auf jeden Fall im Kader ist Jonas Hector vom 1. FC Köln. Das heißt, ein Spieler einer Zweitligamannschaft wäre damit in der Nationalmannschaft. Ist das ungewöhnlich?

Schwester Katharina: Eigentlich nicht. Die Kölner sind ja gerade erst abgestiegen. Und Hector hat in den letzten großen Spielen immer vom ersten Moment an gespielt. Er ist eine feste Größe in der Abwehr und bei Jogi Löw ohnehin. Von daher hätte ich mich gewundert, wenn er nicht aufgestellt worden wäre. Deshalb bin ich ganz zufrieden, dass er drin ist. Ich habe es aber nicht anders erwartet. 

DOMRADIO.DE: Gerade wird viel über die Nationalspieler Mezut Özil und Ilkay Gündoğan diskutiert. Sie haben dem türkischen Präsidenten Erdoğan bei einem Termin in London Trikots überreicht. Wie haben Sie das verfolgt?

Schwester Katharina: Ich muss gestehen, ich fand das schlicht und einfach dumm. Das war eine Veranstaltung mit vielen hundert Leuten - ist ja ok. Aber wenn ich doch weiß, dass solche Fotos um die Welt gehen werden, muss ich doch nicht solche Treuegelöbnisse machen. Ich fand das echt dumm! Und ich hab gedacht, wir sind aus der Zeit raus, wo Fußballer dumm sind. Das sind die, glaube ich, auch nicht. Aber die Aktion war dumm. Ich fand das einfach nicht sonderlich klug, so etwas zu machen. 

DOMRADIO.DE: Die deutsche Nationalmannschaft hat es noch nie geschafft, den Titel zu verteidigen. Schafft das Team es dieses Jahr?

Schwester Katharina: Bei so einem Turnier spielen natürlich viele Dinge eine Rolle. Da muss man gelegentlich auch mal in der letzten Sekunde Glück haben. Von der Art der Spieler, von der Art der Mannschaft, von der Philosophie der Mannschaft her traue ich ihr das zu. Wenn wir bedenken, wie die im Confed Cup im vergangenen Jahr aufgetrumpft haben - und es waren alles die ganz jungen Burschen, die wirklich hungrig sind. Aber es muss so viel zusammenpassen - man kann es hoffen, aber nicht voraussetzen.  


Fußballverrückt: Schwester Katharina Hartleib  (privat)
Fußballverrückt: Schwester Katharina Hartleib / ( privat )
Quelle:
DR