Streit über Namen für uneheliche Kinder in Malaysia

Konservative Muslime verteidigen kinderfeindliche Regelung

Uneheliche Kinder haben es in der traditionellen islamischen Gesellschaft Malaysias oft schwer – erst recht, wenn sie jeder am Namen erkennt. Das soll sich nun ändern. Doch von religiöser Seite kommt Widerstand.

Autor/in:
Stefanie Ball
Alltag in Malaysia / © Harry Salzman (dpa)
Alltag in Malaysia / © Harry Salzman ( dpa )

Faisal Abdullah trägt seinen Nachnamen nicht, weil sein Vater so heißt, sondern weil er keinen Vater hat. Zumindest keinen offiziellen. Seine Mutter wollte ihren damaligen Freund nicht heiraten, weder vor noch nach der Geburt von Faisal. So kam das Kind unehelich auf die Welt - und die Registrierungsbehörde in Malaysia gab ihm den Namen "bin Abdullah", Sohn des Dieners Allahs. In Malaysia werden alle unehelichen Kinder "Abdullah" genannt: "bin Abdullah" die Jungen, "binti Abdullah", Tochter eines Dieners Allahs, die Mädchen. Auch Babys, die weniger als sechs Monate nach der Hochzeit ihrer Eltern auf die Welt kommen, dürfen nicht den Namen ihres Vaters tragen.

Vorschriften zur Namensgebung

60 Prozent der Bevölkerung Malaysias sind Muslime. Ihre Kinder erhalten üblicherweise einen Nachnamen, der sich vom Vornamen ihres Vaters herleitet. Ist der nicht bekannt oder sind die Eltern nicht verheiratet, muss das Kind Abdullah heißen. So zumindest schreiben es staatliche Fatwas, Rechtsgutachten aus den Jahren 1981 und 2003 vor.

Fatwas sind allerdings keine Gesetze, sondern Klar- oder Hilfestellungen aus Sicht einer bestimmten Autorität zu alltäglichen Fragen. Zuletzt gab es in Malaysia eine ganze Flut von Fatwas, um westliche Einflüsse zurückzudrängen, die konservativen Muslimen zunehmend ein Dorn im Auge sind: Von Yoga über Botox-Behandlungen und Nachtclubs bis hin zum Tätscheln von als unsauber geltenden Hunden und Halloween - all dies ist inzwischen mit einer Fatwa belegt.

Wenn die Kinder unter dem Namen leiden

Problematisch wird es, wenn Fatwas zivilrechtlichen Bestimmungen widersprechen - wie bei der Namensgebung. Hier hat das malaysische Berufungsgericht nun zugunsten von Hunderttausenden unehelich geborenen Kindern entschieden, die unter dem Abdullah in ihrem Namen ihr Leben lang leiden. Sie werden in der Schule gehänselt, fühlen sich in ihren Familien oft fremd, sie dürfen kein Erbe antreten und die Familienlinie nicht fortsetzen.

In dem konkreten Fall geht es um einen heute siebenjährigen Jungen aus Johor, der 2010 fünf Monate und 24 Tage nach der Eheschließung seiner Eltern auf die Welt gekommen war. Die Registrierungsbehörde hatte daraufhin den Nachnamen Abdullah in die Geburtsurkunde eingetragen - gegen den Willen der Eltern, die wollten, dass das Kind den Namen des Vaters erhält. Das Berufungsgericht betonte in seiner Urteilsbegründung, es könne nicht Sinn einer Geburtsurkunde sein, "aller Welt" zu zeigen, dass ein Kind unehelich geboren wurde. Dieses Stigma trage das Kind Zeit seines Lebens mit sich. "Wir glauben, dass der Islam eine solche öffentliche Erniedrigung eines unschuldigen Kindes nicht billigt."

Islam in Malaysia Staatsreligion

Der Urteilsspruch löste unter konservativen Muslimen eine Welle der Kritik aus. "Der Islam ist die Religion des Landes, also müssen islamische Gesetze befolgt werden", erklärte der einflussreiche Mufti Harussani Zakaria. Ihn ficht es auch nicht an, dass die kinderfeindliche Regelung keinerlei Grundlage im Koran oder den Aussprüchen des Propheten Mohammed hat.

Doch in der Tat ist der Islam in Malaysia Staatsreligion, und immer häufiger bekommen das die Minderheiten im Land und moderate Muslime zu spüren. So wurde kürzlich unter fadenscheinigen Begründungen ein populäres Bier-Fest in der Hauptstadt Kuala Lumpur gestrichen.

Absage des Filmstarts von "Die Schöne und das Biest"

International für Schlagzeilen sorgte im Frühjahr die Absage des Filmstarts von "Die Schöne und das Biest", weil der Disney-Konzern sich weigerte, eine Szene mit "einem schwulen Moment" herauszuschneiden. Daneben gibt es einen Vorstoß, den Einfluss lokaler Scharia-Gerichte, die in einer Handvoll von familiären Streitigkeiten urteilen dürfen, auszuweiten. Schon jetzt können bis zu dreijährige Gefängnisstrafen verhängt werden, wenn Muslime in familiären Fragen gegen islamisches Recht verstoßen. Der Strafkatalog kennt dafür auch sechs Peitschenhiebe. Diese Zahl soll je nach "Delikt" auf 100, die Gefängnisstrafe auf 30 Jahre erhöht werden.

Die Namensfrage bleibt einstweilen offen. So weigert sich der Direktor der Registrierungsbehörde, den Spruch des Berufungsgerichts zu befolgen, und hat das nächsthöhere Gericht angerufen. Das wiederum hat das Urteil solange ausgesetzt, bis es selbst zu einem Schluss gekommen ist.


Quelle:
KNA