Tausende demonstrieren gegen AfD-Treffen in Münster

Polizei-Großeinsatz in Köln geplant

In Münster gehen die Lichter aus, in Köln machen die Karnevalisten mobil. Veranstaltungen der AfD treffen auf Proteste aller Art. Doch die Hallen für die Parteitage und Empfänge bleiben der Partei nicht verwehrt.

AfD löst heftigen Protest aus  / © Ina Fassbender (dpa)
AfD löst heftigen Protest aus / © Ina Fassbender ( dpa )

Als die Gäste der AfD eintrafen, schalteten die Geschäftsleute in Münster ihre Lichter aus. Das war ihr stiller Protest am Freitagabend gegen den Neujahrsempfang der rechtspopulistischen Partei im Historischen Rathaus von Münster. Rund 8000 Demonstranten versammelten sich nach Polizeiangaben rund um das Gebäude. Sie waren dem Aufruf von Kirchen, Gewerkschaften und Kulturgruppen zu einer Gegendemonstration gefolgt. So läuft das im Moment immer wieder in NRW: Die AfD ist vielerorts ein unerwünschter Gast. Es gibt Proteste, und immer wieder wird die Forderung laut, man solle die rechtspopulistische Partei gar nicht erst in städtische Hallen und in Hotelsäle hineinzulassen.

Bei der Kundgebung in Münster bezeichneten Redner von politischen, kirchlichen und gewerkschaftlichen Gruppen die AfD als "intolerante und ausländerfeindliche Partei", die in der Stadt nicht erwünscht sei. Auch Flüchtlinge aus Afghanistan und Syrien kamen zu Wort. Das Bündnis "Kein Meter den Nazis" bezifferte die Zahl der Teilnehmer auf 10.000.

Ökumenischer Friedensgottesdienst

Musikalischer Höhepunkt eines bunten Bühnenprogramms war ein Auftritt der Punkrockband Donots aus Ibbenbüren. Die Geschäftsleute hatten mit Beginn der Demonstration aus Protest gegen die AfD vor dem Rathaus ihre Schaufenster verdunkelt und auf dem gesamten Platz Europafahnen gehisst. Die evangelische und die katholische Kirche feierten einen ökumenischen Friedensgottesdienst.

Die AfD-Vorsitzende Frauke Petry gelangte durch einen Hintereingang in das Rathaus. Die Gäste des AfD-Neujahrsempfangs wurden von den Demonstranten mit einem gellenden Pfeifkonzert und "Nazis-raus"-Rufen empfangen. Die Stadt hatte den Saal an die AfD vermietet, weil die Partei im Stadtrat vertreten ist. Mehrfach waren zuvor geplante AfD-Veranstaltungen in Münster daran gescheitert, dass Gastwirte bereits erteilte Raumzusagen nach Protesten aus der Bevölkerung wieder zurückzogen.

Karnevals-Festkommitee gegen AfD

Gerade im Wahljahr 2017 sorgt das regelmäßig für Konflikte, denn genau wie andere Parteien kommt die AfD vor der Landtagswahl im Mai zu zahlreichen Parteitagen und anderen Veranstaltungen nach NRW. In Köln formiert sich eine große karnevalistische Protestfront gegen den AfD-Bundesparteitag im April. Dort will sich die Partei im Maritim Hotel treffen, wo auch die Karnevalsstars regelmäßig auftreten. Bands wie die Höhner, Bläck Fööss oder Brings haben zusammen mit anderen einen Protestaufruf gestartet. Eine Partei wie die AfD dürfe nicht "im Schatten des Doms an der Spaltung unserer schützenswerten Gesellschaft arbeiten".

Der Anti-AfD-Protest ist mittlerweile Sache des gesamten Kölner Karnevals. Das Festkomitee Kölner Karneval hat eine Gegenkundgebung angemeldet. "Wir wollen deutlich machen, dass die Stadt Köln und der Karneval für Toleranz und Vielfalt stehen", sagt Festkomitee-Sprecherin Sigrid Krebs. Nach Aschermittwoch werde man in die genauere Planung einsteigen.

3.000 Polizisten in Köln

Die Polizei plant schon jetzt mit mehr als 3000 Polizisten und erwartet mindestens 30.000 Demonstranten in Köln. Die angekündigte Blockaden des AfD-Tagungshotels Maritim werde man nicht zulassen, machte Polizeipräsident Jürgen Mathies in einem Interview des "Kölner Stadt-Anzeigers" (Samstagsausgabe) klar. "Bei allem persönlichen Verständnis für einen friedlichen Protest haben Parteien einen Anspruch darauf, ihre Parteitage abzuhalten."

Auch für Hoteldirektor Hartmut Korthäuer kommt es nicht in Betracht, den Vertrag mit der AfD wieder zu kündigen, wie es zuletzt immer wieder gefordert worden war. "Wir werden vertragstreu sein", sagt er. Wohl fühlt er sich mit den in Köln unerwünschten Gästen aber nicht. "Beim heutigen Stand der Dinge würden wir der AfD kein neues Angebot unterbreiten", sagt Korthäuer.

Todesdrohungen

Gegen Beschäftigte des Hotels soll es sogar eine Todesdrohung gegeben haben. Den Mitarbeitern am Empfang sei gesagt worden, sie sollten auf keinen Fall am 22. und 23. April in dem Hotel arbeiten, weil "der ganze Bau brennen wird", sagte der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats, Thomas Klein.

Dass man die AfD nicht einfach wieder ausladen kann, musste vor ein paar Wochen die Stadt Oberhausen erfahren. Dort hatte die NRW-AfD das Congresscentrum für einen ihrer Landesparteitage gebucht, in einer mündlichen Vereinbarung mit der Stadthallenverwaltung. Der Versuch des Stadtrats, dies rückgängig zu machen, scheiterte vor Gericht, die AfD konnte in Oberhausen tagen.

"Zeichen der Hilflosigkeit"

In Essen kann die AfD im Kongresszentrum der Messe zusammenkommen. Dort will die Partei Ende des Monats ihre Landesliste für die Bundestagswahl aufstellen. Für die Messe ist das kein Problem. Veranstaltungen mit politischem Hintergrund könnten durchgeführt werden, solange sie "demokratisch legitimiert" seien, sagt Messe-Geschäftsführer Oliver Kurth. "Diese Voraussetzung greift auch in diesem Fall."

Der Versuch, der AfD den Zugang zu Hallen und Sälen zu verweigern, ist aus Sicht des Politikwissenschaftler Eckhard Jesse auch kein geeignetes Mittel, um sich auseinanderzusetzen mit der rechtspopulistischen Partei. "Ein solches Vorgehen widerspricht der demokratischen Streitkultur", sagte der Extremismusforscher der TU Chemnitz. "Es ist ein Zeichen der Hilflosigkeit."


Quelle:
dpa , epd