Predigerorden der Dominikaner beginnt weltweite 800-Jahr-Feiern

Im Anfang war das Wort

Es braucht einen ziemlich starken Willen, wenn man es fast allein mit einer Irrlehre aufnehmen will. Dominikus hatte ihn ? und gründete eine Gemeinschaft, die auch heute noch zu den größten der katholischen Kirche zählt.

Singende Dominikaner  / © Thomas Müller (KNA)
Singende Dominikaner / © Thomas Müller ( KNA )

Was sollte er machen, Dominikus von Caleruega, nach dem Verlust seines Mentors, so ganz allein im Feindesland? Er gründete, modern gesprochen, einen Arbeitskreis. Mit seiner Überzeugungskraft gewann er Gefährten, mit denen er in Fanjeaux bei Carcassonne, tief im Katharergebiet, in den zurückliegenden Monaten bereits ernsthaft über eine Ordensgründung nachgedacht hatte. Vor 800 Jahren fiel 1215 in der Hauptstadt der Grafschaft Toulouse die Entscheidung, künftig eine Gemeinschaft zu sein; eine Gemeinschaft, die schon bald zu den größten Orden der Kirche gehören sollte: der Predigerorden - Ordo predicatorum, OP - oder schlicht: die Dominikaner.

Radikale Armut

Noch hießen sie nicht so; noch hatten sie nicht die Lebensregel der Augustiner angenommen, und noch hatte ihnen Papst Honorius III. (1216-1227) nicht die Bestätigungsurkunde übergeben. Diesen Rechtsakt vom 22. Dezember 1216 hat die heutige Ordensleitung selbst als den offiziellen 800. Geburtstag ausgerufen; das weltweite Festjahr beginnt an diesem Samstag (7. November). Aber von jenem Tag im April 1215 an wussten die Männer um Dominikus, was sie sein und was sie tun wollten: in radikaler Armut den katholischen Glauben predigen inmitten von Ketzerei und Irrlehre.

In der südfranzösischen Region, die auch als der "Midi" bezeichnet wird, grassierte seit Mitte des 12. Jahrhunderts die Sektenbewegung der Katharer, eine Häresie, die wohl die Kreuzzüge aus dem Orient importiert hatten. Die eigentümliche und radikale Büßerethik, ja Weltflucht der Katharer (griech. "katharoi", die Reinen) traf offenbar einen Nerv bei den so lebensfrohen wie frommen Südfranzosen.

Albigenser-Kreuzzug

Jedenfalls breitete sich die Lehre in einer für Rom beunruhigenden Weise aus. Ihre Anhänger wurden - nach ihrer nahen Hochburg Albi - auch "Albigenser" genannt. Geschickt verknüpfte die französische Krone die römischen Ängste vor den Häretikern mit ihren eigenen territorialen Interessen, und sie versuchte erfolgreich, ihren sogenannten Albigenser-Kreuzzug (1209-1229) zur Unterwerfung der Grafschaft zu nutzen. Die Tolosaner hielten dabei ihrem Landesherrn, Graf Raymond VII., die Treue gegen den französischen Militärbefehlshaber Simon de Montfort. Dass es bei alledem äußerst brutal zuging, belegt ein Zitat des päpstlichen Legaten Arnaud Amaury, der bei der Einnahme der Katharerstadt Beziers 1209 auf die Frage, was mit den Ketzern und was mit den rechtgläubigen Katholiken geschehen solle, geantwortet haben soll:

"Tötet sie alle! Gott wird die Seinen schon erkennen."

Diego von Acebo, Zisterzienser und Bischof von Osma in Kastilien, und sein wortgewandter Subprior Dominikus, schüttelten ob des selbstherrlichen und prunkvollen Auftretens der Kirchenvertreter nur den Kopf. So war den albigensischen "Büßern" sicher nicht beizukommen. Im Sonderauftrag von Papst Innozenz III. (1198-1216) setzten sie als Missionare allein auf das Wort Gottes und die Predigt, ohne allen Luxus und Ornat. Solange, bis der erschöpfte Diego vom Papst in seine Diözese zurückbeordert wurde - und dort 1207 starb.

Dominikus machte allein weiter und gewann nach und nach neue Gefährten. Der Erfolg für die Mühsal, als Wanderprediger unter den Bedingungen des Kriegsrechts eine radikale Sekte davon abzubringen, fast alle Lehren des Christentums abzulehnen, waren bescheiden. Doch dann bekamen sie einen offiziellen Auftrag: Fulko, Bischof im albigensisch infizierten Toulouse, erteilte ihnen eine universelle Predigterlaubnis für seine Diözese.

Machtgewinn

Wie andere Neuansätze des Mönchtums im Hochmittelalter - Cluniazenser, Zisterzienser, Franziskaner - gewannen nun auch die "Dominikaner" rasch an Einfluss. Es ist eine Ironie der Geschichte, dass diese großen religiösen Reformorden einem paradoxen Zyklus unterlagen. Gegründet von glühenden Asketen, die das Armutsideal des Mönchtums erneuern wollten, zogen sie mit ihrer Strahlkraft Hunderte junger Gottsucher an - und Hunderte frommer Stiftungen, mit denen der Adel der Zeit sein ewiges Seelenheil befördern wollte. Aus radikal armen Bewegungen wurden so mächtige europaweite Imperien. Bei den Dominikanern war es mehr noch ein Zuwachs an theologischer Bildung, mit Gründungen in den Universitätsstädten Bologna und Paris. In Toulouse begann der Orden 1229, nach dem Ende des Kreuzzugs, mit einem großen Neubau. Die Kirche "Les Jacobins" ist von außen ein abweisendes Ziegelbollwerk gegen die vom Ketzertum befreite Stadt.

Nach Einführung der päpstlichen Sonderjustiz der Inquisition 1234 übernahmen die Dominikaner neben der Predigt auch dieses Amt - was sie bei den aufsässigen Bürgern nicht gerade beliebt machte. Wie anders der Innenraum der Ordenskirche: eine helle Architektur, scheinbar schwerelos und doch ein Meisterwerk der Statik. Die letzte der 28 Meter hohen Säulen endet in einem "Palmwedel" (palmier), in dem sich 22 Gewölberippen der beiden Kirchenschiffe vereinigen. Der in Avignon residierende Papst Urban V. war von dem Bau so beeindruckt, dass er 1368 den von ihm hoch verehrten Dominikaner-Heiligen Thomas von Aquin hier neu beisetzen ließ.


Quelle:
KNA