Tausende "Pegida"-Anhänger versammeln sich in Dresden

Kein Weihnachtsfrieden

Auch kurz vor Weihnachten kommt Dresden aus den Schlagzeilen nicht heraus. "Pegida" vereint 17.500 Menschen, mehr als je zuvor. Die Demonstranten fordern ein schärferes Asylgesetz und wettern gegen Politik und "Lügenpresse". In Bonn verliefen sich nur 300 Teilnehmer.

Autor/in:
Katharina Rögner
Montags in Dresden (epd)
Montags in Dresden / ( epd )

Rund 17.500 Anhänger des Bündnisses "Patriotische Europäer gegen die Islamisierung des Abendlandes" haben sich nach Polizeiangaben am Montagabend auf dem Theaterplatz vor der Oper versammelt. Zwei Tage vor Heiligabend singen sie gemeinsam Weihnachtslieder. Drei der schönsten haben sie sich ausgesucht: "Alle Jahre wieder", "Stille Nacht" und "O, du fröhliche". Trotz Liedblatt klingt die "Stille Nacht" etwas dünn. Der Wind erledigt den Rest, verschluckt Silben und Wörter.

Die Stimmung ist dennoch aufgeheizt. Gehetzt wird gegen Politiker und Journalisten. "VolksverGauckelung" steht auf einem Plakat, auf einem anderen "Gegen religiösen Fanatismus" oder "Wacht auf", "Schluss mit Lug und Trug". Ein Teilnehmer hat gedichtet: "Stille Nacht, heilige Nacht. Der Bundestag schläft. Pegida wacht". Namen von Redakteuren werden öffentlich genannt, die etwas vermeintlich Falsches geschrieben haben. Die "Pegida"-Anhänger skandieren "Wir sind das Volk" und brüllen "Lügenpresse, Lügenpresse". Wie in den Wochen zuvor wird gegen eine angebliche "Überfremdung" des Landes und für ein schärferes Asylgesetz demonstriert.

Opernbesucher laufen eilig an der grölenden Masse entlang, einige sind verängstigt. In Abendkleidung huschen sie schnell vorbei. Der Haupteingang ist allerdings verschlossen. Es geht nur durch den Seiteneingang zur Kunst. Das merken auch die vier Japaner als sie vor verschlossenen Türen stehen.

Inzwischen versuchen "Pegida"-Anhänger vergeblich den Beamer der Gegendemonstranten mit einer Fahne abzudecken. Auch an der Zwingergalerie, die den Theaterplatz an einer Seite begrenzt, sind jetzt Friedensbotschaften zu lesen: "Für eine weltoffene Gesellschaft - Menschenrechte sind nicht teilbar."

Dafür haben auch mehrere hundert Christen an diesem Abend in der Kreuzkirche gebetet. Sachsens Landesbischof Jochen Bohl kritisiert am Rande das Weihnachtslieder-Singen der "Pegida" als Instrumentalisierung christlicher Traditionen.

Vor der Oper wird es kurz unruhig. Vom benachbarten Schloßplatz, wo das Bündnis "Dresden Nazifrei" rund 4.500 Menschen vereint, dringen einige Gegendemonstranten bis zum "Pegida"-Lautsprecherwagen vor. Die Polizei hat die Lage schnell wieder unter Kontrolle. Fast

700 Beamte sind im Einsatz an diesem Abend.

Der Polizei zufolge ist ein 17-Jähriger, der mit zwei Begleitern auf dem Weg zur Gegendemonstration war, leicht verletzt worden. Ein Unbekannter habe aus einer Personengruppe heraus den Jugendlichen geschlagen, heißt es am Abend. Die Polizei hat die Ermittlungen wegen Körperverletzung aufgenommen. Außerdem ist der Polizei zufolge die Identität von insgesamt 19 Personen festgestellt und sind Platzverweise ausgesprochen worden.

Nächste Woche macht "Pegida" Weihnachtspause. Am 5. Januar will die Bewegung in Dresden jedoch wieder demonstrieren.

Mehr als 3.000 Bonner protestierten gegen "Bogida"

Über 3.000 Gegendemonstranten haben am Montagabend in Bonn gegen eine von der rechtspopulistischen Partei "Pro NRW" angemeldete Kundgebung des "Pegida"-Ablegers "Bogida" (Bonner gegen die Islamisierung des Abendlandes) protestiert. An dieser hatten laut Polizeiangaben 300 Menschen teilgenommen. Bis zum späten Abend verliefen beide Demonstrationen friedlich. Zu der Gegenveranstaltung hatte das Bündnis "Bonn stellt sich quer" aufgerufen, dem Vertreter der Stadt, von Kirchen, Gewerkschaften und der Kulturszene angehören.

Auch diverse Bundes- und Landtagsabgeordnete der CDU, SPD, Grünen, FDP und der Linken waren dem Aufruf gefolgt. Mit "Nazis raus"-, "Wir sind Deutschland"- und "Wir sind das Volk"-Rufen machten die Gegendemonstranten ihre Meinung deutlich.

Anmelder der "Bogida"-Kundgebung war Melanie Dittmer aus dem Vorstand der rechtspopulistischen Gruppierung "Pro NRW", die zuvor bei den "Jungen Nationaldemokraten" war. Sie rief dazu auf, nicht mit den Medien zu sprechen und Fotografen bei ihrer Arbeit zu behindern. Die Polizei war mit rund 900 Beamten im Einsatz, um ein Zusammentreffen der beiden Gruppen zu verhindern.

Die Bonner hätten sich über 400 Jahre ihren Religionsfrieden erhalten, das Rheinland sei durch das Zusammenwachsen vieler Völker erst stark geworden, sagte Bonns Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch (SPD) in seiner Rede. Die "Bogida"-Teilnehmer hätten nicht Schwierigkeiten mit dem Islam, sondern mit dem Christentum, wenn sie instinkt- und respektlos kurz vor Weihnachten Hass gegen Flüchtlinge säten. "2015 werden wir in Bonn weiterhin alle Flüchtlinge willkommen heißen, auch wenn sie nicht Maria und Josef heißen", betonte der Oberbürgermeister.

Für die evangelischen Gemeinden Bonns bezeichnete Pfarrer Siegfried Eckert die "Pegida"-Anhänger als Rattenfänger, Angstmacher und "neuen Dschihad des Abendlandes". "Wenn wir nicht aufpassen, geht durch sie, die nur diffuse Ängste schüren, ein Riss durch unsere Gesellschaft", warnte Eckert. "'Pediga' ist brandgefährlich. Deshalb müssen sich Abend- wie Morgenländer solange quer stellen, wie es nötig ist." Gleichzeitig verurteilte Eckert "Talkshow-Politiker", die aktuell am rechten Rand des politischen Spektrums auf Stimmenfang gingen und den Boden für "Pegida"-Aufmärsche bereiteten.

Kirche erinnert an Christenpflicht

Der Würzburger katholische Bischof Friedhelm Hofmann empfahl Gegnern der Zuwanderung eine Begegnung mit Flüchtlingen. «Dann erleben sie hautnah deren große Nöte mit», sagte Hofmann der KNA. Die Aufnahme von Asylbewerbern sei eine Christenpflicht. «Jeder Mensch hat ein Recht auf seine Würde, jeder Mensch in Not muss uns Christen Bruder oder Schwester sein.» Deshalb verteidige er in der Öffentlichkeit das Engagement für Flüchtlinge gegen Kritik.

Der Präsident des Zentralkomitees der deutschen Katholiken, Alois Glück, wandte sich gegen eine pauschale Verurteilung der Pediga-Kundgebungen. Man müsse mit den Demonstranten ins Gespräch kommen, sich aber auch dagegen wenden, dass andere Menschen abgewertet werden, sagte der frühere CSU-Politiker im Deutschlandfunk. Niemand dürfe Muslime mit Gewalttätern gleichsetzen.


Quelle:
epd , KNA
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