Ein Kommentar nicht nur zur Fußball-Weltmeisterschaft

Der liebe Gott mag kein Unentschieden

Beim Fußball fallen momentan täglich Entscheidungen. Wir selbst wollen uns dagegen nicht so leicht entscheiden. Schon gar nicht dauerhaft. Schade eigentlich. Ein Kommentar von domradio.de-Chefredakteur Ingo Brüggenjürgen.

Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige (DR)
Ingo Brüggenjürgen / © Ide Lödige ( DR )

Ein langweiliges, trostloses Unentschieden, oft sogar noch ein torloses Null zu Null, das lieben Zuschauer und Fans überhaupt nicht. Ein ermüdendes Spiel auf Zeit, bei dem der Ball nur in den eigenen Reihen hin- und hergeschoben wird, ist selbst für den engagiertesten Fußballreporter ein Graus. Da sehnt sich ein jedermann nach dem Abpfiff. Wie schön, wenn in diesen Tagen am anderen Ende der Welt oft so begeistert und engagiert gekickt wird. Auf dem Rasen wird dann nach der Entscheidung getanzt, gelacht oder hemmungslos geweint.

Wir mögen uns nicht so leicht entscheiden. Festlegen, vielleicht sogar dauerhaft? Besser erstmal nicht. Die digitalen Medien wie Facebook und Co. machen es möglich: Verabreden für den Abend schon in der morgendlichen Schulpause? Ein Ding der Unmöglichkeit, vielleicht entwickelt sich ja noch was im Laufe des Tages. Vielleicht kommt noch ein besseres Angebot herein. Nach dem Abitur ins Studium oder in den Berufsalltag einsteigen? Besser vorher noch mal eine Work and Travel Runde durch Australien oder Neuseeland drehen, man weiß ja noch nicht so genau. Die Computerwelt um uns herum trifft ununterbrochen Ja-Nein-Entscheidungen im Millisekundentakt. Aber wir? Mal schauen, mal abwarten, mal noch überlegen. Jede Entscheidung könnte ja auch falsch sein. Erst mal den Ball flachhalten.

Jesus kannte kein Fußballspiel. Aber ein langweiliges Unentschieden wollte er auf gar keinen Fall. "Euer Ja sei ein Ja – Euer Nein sei ein Nein!" Seid ganz mein – oder lasst es ganz sein. Papst Johannes-Paul II. hat das bei seinem Deutschlandbesuch 1980 eindringlich ins Hier und Heute übersetzt: "Man kann nicht auf Probe leben, man kann nicht auf Probe lieben!" Aber man kann sich entscheiden. Und man kann als Christ jeden Tag neu damit anfangen. Selbst wenn unser Leben bis heute oft ein trostlos-langweiliges Hin- und Hergelaufe war, wir können sofort die richtige Richtung einschlagen. Gut, vielleicht laufen wir mal in die Irre, vielleicht schießen wir auch mal ein Eigentor, aber wir laufen, wir spielen, wir leben wenigstens. Hier und Heute und nicht erst morgen, übermorgen. Dieses neue Leben ist gefährlich, aufregend und einzigartig. Aber es ist bis zum irdischen Abpfiff jede einzelne Sekunde wert – lebenswert. Dem lebendigen Gott wird dieses Leben gefallen, er stürmt dann an unserer Seite. Er tröstet uns, wenn wir verloren haben und am Boden liegen. Er lacht und tanzt mit uns, wenn wir gewonnen haben. Aber der liebe Gott mag kein Unentschieden.


Quelle:
DR