BDKJ fordert frische Jugendpastoral nach Studie zur Sexualmoral

"Seid nicht Moralapostel"

Der Bund der Katholischen Jugend fordert nach seiner Sexualmoral-Studie Konsequenzen für die Jugendpastoral. Laut Studie spielt die kirchliche Sexualmoral für viele katholische Jugendliche keine Rolle, so Dirk Tänzler.

Junges Paar (dpa)
Junges Paar / ( dpa )

domradio.de: Die Sexuallehre spielt keine Rolle bei den Jugendlichen. Überrascht Sie dieses Ergebnis?

Dirk Tänzler (BDKJ): Nein, das überrascht natürlich so erst einmal nicht, weil wir in vielen Gesprächen genau das schon seit Jahren mit diskutieren. Was überrascht, ist diese Eindeutigkeit und diese Häufung und vor allem, dass man ein Interesse hat, die Lehre mitzugestalten.

Früher haben wir häufig gesagt, es interessiert gar keinen Jugendlichen mehr und es interessiert auch nicht, was Kirche sagt und es ist auch egal. Aber es ist eben nicht egal, es ist wichtig, weil Kinder, Jugendliche, insbesondere junge Erwachsene sagen, uns liegt so viel an Kirche, dass es viele Werte gibt, die wir weit in Gesellschaft hinaustragen müssen, aber die Gesellschaft überhaupt nicht mehr wahrnimmt, weil andere Themen in einer Überinterpretation vorliegen.

domradio.de: Die wichtigsten Themen sind einmal Verhütung und der Geschlechtsverkehr vor der Ehe. Wie ist denn der Umgang mit Sexualität, spielt die Ehe zum Beispiel überhaupt keine Rolle mehr?

Tänzler: Doch sie spielt eine Rolle, das ist überhaupt nicht die Frage und viele haben auch ein Bild, dass sie langfristig eine Verbindung eingehen, eine Eheverbindung eingehen, aber es wird kritisiert und nicht mehr danach gelebt, dass das fremdbestimmt wird. Das ist das Entscheidende, das wir bei dieser Studie noch einmal herausgefunden haben. Ein selbstbestimmtes, ein selbstverantwortetes Leben, eine selbstverantwortete Lebensgestaltung des jungen Menschen ist heutzutage immens wichtig.

domradio.de: Wie repräsentativ ist denn die Befragung?

Tänzler: Repräsentativ ist in der Sozialwissenschaft immer ein sehr kritikwürdiges Wort. Wir haben 10.000 junge Menschen erreicht und das nehmen wir erst einmal ernst und wir haben keinen ausgeschlossen, wir haben es breit gestreut, jeder und jede hatte die Möglichkeit sich zu beteiligen und für uns sind das erst einmal Schlaglichter und Lebenswirklichkeiten, die wir so auch dem Vatikan bzw. der Deutschen Bischofskonferenz weiterleiten. Darum geht es ja, es geht darum Lebenswirklichkeiten wahrzunehmen und ernst zunehmen.

Junge Menschen wollen nicht bevormundet werden, sie wollen wahrgenommen und respektiert werden und ich glaube, in diesem Sinne muss sich auch Ehe oder Sexualmoral die katholische Kirche widerspiegeln, was uns ganz überrascht hat, dass junge Menschen ein Interesse haben, dass Kirche sich ihnen zuwendet und dass Kirche in der Gesellschaft weiter vorkommt, ein ermutigendes Zeugnis Christseins heute.

domradio.de: Was bewegt die Jugendlichen noch außer Sexualmoral?

Tänzler: Junge Menschen sagen ganz eindeutig, dass Ihnen Botschaften von Kirche wie "Frieden", "Gerechtigkeit", "dem Armen zuwenden" wichtig sind und sie sagen, konzentriert euch darauf, konzentriert euch auf Diakonie, kümmert euch um Benachteiligte, das ist das Zentrale und seid nicht Moralapostel, seid nicht Wächter von Instrumenten, die heute nicht mehr anzuwenden sind.

domradio.de: Wie müsste man jetzt mit den Ergebnissen umgehen?

Tänzler: Wir haben erst einmal diese Antworten von jungen Menschen zusammengefasst, das ist auch bei uns auf der Internetseite alles einzusehen, das haben wir dem Jugendbischof, der Deutschen Bischofskonferenz und auch dem Nuntius in Deutschland weitergeleitet. Das Ganze hat ja einen größeren weltkirchlichen Zusammenhang. Es wird eine außerordentliche Bischofssynode geben. Für uns geht es ganz stark darum, und das würden wir auch gerne mit der Jugendkommission der deutschen Bischofskonferenz weitererörtern, dass das natürlich Auswirkungen auf die Jugendpastoral haben muss, dass das natürlich auch um Fragestellungen geht, Wertevermittlung, was heißt Partnerschaft heute, gemeinsames Zusammenleben, das ist sicherlich eine pastorale Frage.

Darüber hinaus gibt es natürlich auch kirchenrechtliche Fragen, was die Grundordnung angeht, das muss diskutiert werden, das machen wir ja auch im Dialogprozess mit der deutschen Bischofskonferenz, dass wir diese Fragen von Lebensgemeinschaften, die nicht unter dem Ehebund stehen oder auch gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften, wie wir damit in Kirche auch kirchenrechtlich und in der Grundordnung weiter verfahren werden, das sind Themen, die wir diskutieren müssen.

Das Interview führte Matthias Friebe


Dirk Tänzler (BDKJ)
Dirk Tänzler / ( BDKJ )
Quelle:
DR