Südafrika verneigt sich vor dem Freiheitshelden

Berührendes Staatsbegräbnis für Nelson Mandela

Persönliche oder politische Differenzen spielten am Sonntag keine Rolle. Ganz Südafrika verneigte sich gemeinsam vor Nelson Mandela, dem "Vater der Nation", als dieser mit militärischen Ehren zu seiner letzten Ruhestätte begleitet wurde.

Autor/in:
Leonie March
Trauer um Mandela (dpa)
Trauer um Mandela / ( dpa )

Es war ein bewegender und sehr persönlicher Abschied. Nelson Mandelas langjähriger Freund und Wegbegleiter im Freiheitskampf, Ahmed Kathrada, rührte die Trauergemeinde mit seiner Rede zu Tränen. "Ich fühle eine Leere in meinem Leben", sagte der 84-Jährige. "Ich weiß nicht, an wen ich mich in Zukunft noch wenden soll." Damit sprach Kathrada aus, was viele Südafrikaner nach dem Tod ihres Freiheitshelden Mandela fühlen. Der erste demokratisch gewählte Präsident hat in seinem Land eine Lücke hinterlassen, die schwer zu füllen sein wird.

Rund 4.500 geladene Gäste waren am Sonntag zu Mandelas Staatsbegräbnis in seinen Heimatort Qunu in der Ostkap-Provinz gereist, unter ihnen auch der britische Thronfolger Prinz Charles und der Geschäftsmann Sir Richard Branson. Nachbarn und andere Einwohner der ländlichen Region waren enttäuscht, dass sie nicht an den Feierlichkeiten teilnehmen durften. Wie alle anderen Südafrikaner konnten sie die Trauerfeier nur live im Fernsehen und auf Großleinwänden verfolgen.

In allen Reden wurde das einzigartige Lebenswerk Mandelas geehrt, der am 5. Dezember gestorben war. Anekdoten von persönlichen Begegnungen, wie sie beispielsweise Sambias ehemaliger Präsident Kenneth Kaunda schilderte, sorgten zwischendurch für Heiterkeit.

95 Kerzen, eine für jedes Lebensjahr

Generell aber blieb die Stimmung emotional und nachdenklich. Auf der Bühne des riesigen weißen Festzeltes brannten 95 Kerzen vor einem großformatigen Porträt Mandelas, eine für jedes Lebensjahr.

Der Sarg war in die südafrikanische Flagge gehüllt. In der ersten Reihe saßen Mandelas Witwe Graça Machel und seine Ex-Frau Winnie Madikizela-Mandela. Ihre Gesichter waren von Trauer gezeichnet, mehrmals wischten sie sich Tränen aus den Augen. Der Repräsentant der Familie, Ngangomhlaba Matanzima, äußerte in seiner Ansprache den Wunsch, dass Südafrika und der regierende Afrikanische Nationalkongress (ANC) Mandelas Vorbild folgen mögen.

Später bekräftigte Südafrikas Präsident Jacob Zuma seinen Willen, den von Mandela eingeschlagenen Weg fortzusetzen: "Wir verpflichten uns, noch intensiver für ein Ende der Armut, Ungerechtigkeit und Arbeitslosigkeit zu arbeiten." Anders als bei der zentralen Trauerfeier am Dienstag im Fußballstadion von Johannesburg wurde er diesmal mit höflichem Applaus statt mit Buh-Rufen empfangen. Im kommenden Jahr stellt sich Zuma zur Wiederwahl. Aber an diesem Tag verneigte sich ganz Südafrika vor Mandela und nahm gemeinsam Abschied vom geliebten "Vater der Nation".

Die Zeremonie verband die Rituale eines Staatsaktes mit christlichen Traditionen und Bräuchen von Mandelas Thembu-Stamm, der zum Volk der Xhosa zählt. Zu Beginn wurde die südafrikanische Nationalhymne gesungen, der Bischof der methodistischen Kirche im Südlichen Afrika, Ziphozihle Siwa, hielt eine kurze Predigt. Mandela war bei seiner Einschulung methodistisch getauft worden.

Außerdem trat ein traditioneller Lobsänger auf, der "Imbongi" Zolani Mkiva. Zahlreiche Rituale sollten dem Geist des Verstorbenen laut traditionellem Glauben den Übergang in die Welt der Ahnen erleichtern. In den frühen Morgenstunden war ein Ochse geschlachtet worden, Mandelas Leichnam wurde in ein Leoparden-Fell gehüllt, die Familie hatte die ganze Nacht an seiner Seite gewacht. Die Beisetzung musste laut Tradition in den Mittagsstunden stattfinden, wenn die Sonne im Zenit steht.

Konflikte standen im Hintergrund

Nach dem Staatsakt, der erst mit etwa einer Stunde Verspätung zu Ende ging, wurde der Sarg gegen 12 Uhr Ortszeit in einer Prozession einen Hügel hinauf zur Grabstätte gebracht. An der Beisetzung Mandelas nahmen nur noch etwa 450 Trauergäste teil. Neben Familienangehörigen waren darunter auch ehemalige und amtierende Staatsoberhäupter, traditionelle und religiöse Anführer.

Auch der emeritierte anglikanische Erzbischof Desmond Tutu war entgegen einer früheren Absage gekommen, nachdem die Regierung ihn ausdrücklich eingeladen hatte. Tutu ist ein scharfer Kritiker von Präsident Zuma und der derzeitigen ANC-Parteispitze. Doch an diesem Tag standen die Konflikte im Hintergrund.


Quelle:
epd