Wiederverheiratet Geschiedene: Geteiltes Echo auf Freiburger Vorstoß

Eingeschränkte Freude

Der Vorstoß des Erzbistums Freiburg zum Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen hat ein großes Echo hervorgerufen. Neben zustimmenden Reaktionen gab es am Dienstag auch skeptische Stimmen aus anderen deutschen Bistümern und aus Rom.

 (DR)

Die vom Seelsorgeamt des Erzbistums am Montag veröffentlichte "Handreichung" beschreibt erstmals Wege, wie nach einer Scheidung erneut standesamtlich verheiratete Katholiken mit offizieller Erlaubnis zur Kommunion und zur Beichte gehen können.

Der Vatikan sprach sich gegen Sonderwege in der Familienpastoral aus. In dieser Frage sei ein einheitliches Vorgehen notwendig, betonte Vatikansprecher Federico Lombardi. Bei den Leitlinien handele sich nicht um eine Erklärung der Deutschen Bischofskonferenz oder des Freiburger Erzbischofs. Eine Sonderbischofssynode zur Familienpastoral werde sich im Oktober 2014 mit dem Thema befassen.

Kurienkardinal Velasio De Paolis äußerte sich gegenüber der italienischen Zeitung "La Stampa" befremdet. Es sei "erstaunlich", dass eine Initiative dieser Art von einer großen und bedeutenden Diözese wie Freiburg ausgehe, die zudem vom Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz geleitet werde. Priester müssten wiederverheirateten Geschiedenen die Kommunion verweigern.

Der Münchner Kardinal Reinhard Marx sieht in den neuen Seelsorge-Leitlinien einen "Beitrag zu einem nicht abgeschlossenen Diskussionsprozess" in der Deutschen Bischofskonferenz. Sein Sprecher Bernhard Kellner sagte der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in München, dem Kardinal sei es wichtig, dass die Bischofskonferenz in dieser Frage zusammenbleibe und dass eine "Lösung im Einklang mit der Weltkirche" gefunden werde.

Der Vorsitzende der Pastoralkommission der Bischofskonferenz, der Osnabrücker Bischof Franz-Josef Bode, begrüßte die Leitlinien. Die deutschen Bischöfe würden "sich eingehend damit befassen und sie in die weiteren Überlegungen einbeziehen", sagte er der KNA in Osnabrück. "Auch in anderen Diözesen steht das Thema ja weit oben auf der Tagesordnung."

Das Erzbistum Köln reagierte zurückhaltend und zeigte sich überrascht über das Freiburger Vorgehen. Das Erzbistum Bamberg sieht die Entscheidung über den Umgang mit wiederverheirateten Geschiedenen beim Pfarrer vor Ort. Die Kirche müsse diesen Menschen barmherzig begegnen, sagte ein Sprecher des Erzbistums auf Anfrage. Das Bistum Speyer erklärte, man habe die neuen Seelsorgerichtlinien "mit Interesse" zur Kenntnis genommen. Es gebe aber keine Patentrezepte.

Zurückhaltend reagierte der Würzburger Kirchenrechtler Stefan Rambacher. Dass eine Zulassung wiederverheirateter Geschiedener zu den Sakramenten in Einzelfällen auf Basis einer Gewissensentscheidung möglich sein solle, gehe "über die bisherige offizielle Lehre der Kirche" hinaus, sagte er der KNA.

Der Freiburger katholische Moraltheologe Eberhard Schockenhoff sprach von einem bedeutenden Schritt. An wiederverheiratet Geschiedene gehe nun "eine offene Einladung, nicht nur am Gottesdienst, sondern auch am sakramentalen Leben teilzunehmen und die Kommunion zu empfangen", sagte er der KNA. Er hoffe, dass "viele weitere deutsche Bistümer" dem Vorbild Freiburgs folgten. Der emeritierte Kirchenrechtler Prof. Klaus Lüdicke aus Münster sprach im domradio von einem "theologisch richtigem Schritt."

Positiv äußerten sich auch das Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) und die Katholische Frauengemeinschaft Deutschlands.

Der Berliner Kardinal Rainer Maria Woelki hat den Vorstoß des Erzbistums Freiburg in der Tendenz begrüßt. "Geschiedene, die wieder geheiratet haben, leben in unseren Pfarrgemeinden und sie sind hier willkommen, sie gehören zu uns", sagte der Erzbischof am Dienstag in Berlin.

Woelki erklärte: "Die pastorale Not, die damit verbunden ist, kenne ich gut, sie brennt mir unter den Nägeln." Es sei richtig, darauf den Blick zu richten. "Wir sollten alles tun, was in unserer Kirche möglich ist, um diese Not zu lindern", betonte der Kardinal. Zugleich verwies er darauf, dass die Unauflöslichkeit der Ehe ein Gebot Jesu sei.

Das Bistum Eichstätt warnte vor Alleingängen. "Die Glaubwürdigkeit und pastorale Klugheit erfordert gerade in dieser Frage eine einheitliche Praxis über Bistumsgrenzen hinweg", heißt es in einer am Dienstag veröffentlichten Erklärung. Die Diözese gehe davon aus, dass eine von der Bischofskonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe entsprechende Hilfen zum Umgang mit Wiederverheirateten vorlegen werde "und dabei nicht übersehen wird, dass die katholische Kirche in Deutschland mit ihren Diözesen Teil der Weltkirche ist".

Gleichzeitig verwies das Bistum auf eine eigene "Orientierungshilfe für die Pastoral mit wiederverheirateten Geschiedenen" aus dem Jahr 1996. Darin werde ausdrücklich erklärt, dass die Betroffenen in Pfarrgemeinderat und Kirchenverwaltung als reguläre Mitglieder mitwirken können. Dies gelte ebenso für die Übernahme des Patenamtes.

Der Würzburger Bischof Friedhelm Hofmann setzt auf eine einheitliche Regelung. "Entscheidungen für die pastorale Praxis müssen dann im Gesamt der Kirche in Deutschland und der Weltkirche getroffen werden", sagte Hofmann am Dienstag auf Anfrage der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Die Deutsche Bischofskonferenz habe dazu eine eigenen Arbeitsgruppe eingesetzt, außerdem sei dieses Thema Teil des aktuellen Dialogprozesses im Bistum.

Während die progressive Gruppe "Wir sind Kirche" am Dienstag von einem "zukunftsweisenden Schritt" sprach, erklärte das konservative "Forum Deutscher Katholiken": "Will Freiburg die Kirchenspaltung?". Die Erzdiözese Freiburg stelle sich nicht nur gegen die kirchliche "Ehelehre und gegen das Kirchenrecht, sondern gegen das Gesetz Gottes", heißt es in der in Kaufering veröffentlichten Erklärung des Forums, sich als Zusammenschluss papst- und kirchentreuer Katholiken versteht.

Die Möglichkeiten der Hinwendung zu den geschiedenen Wiederverheirateten seien vielfältig und keiner Weise ausgeschöpft. "Sie können sich aber nicht über das Wort Gottes stellen", heißt es in der Mitteilung weiter. Wer Aussöhnung und einen Neuanfang in der Ehe nicht für möglich halte, traue dem Menschen auch nicht mehr zu, zum freiwillig gegebenen Eheversprechen zu stehen. Mit der Initiative aus Freiburg räche sich nun, dass "jahrelang unerfüllbare Erwartungen geweckt und Forderungen in der Schwebe gehalten wurden", so das Forum.

"Wir sind Kirche" erklärte dagegen, mit den Seelsorge-Leitlinien werde der von Papst Franziskus gewiesene Weg der Barmherzigkeit beschritten. "Endlich wird das zur anerkannten Praxis, was pastoral orientierte SeelsorgerInnen schon seit langem praktizieren, aber bisher immer mit schlechtem Gewissen gegenüber dem Kirchenrecht."


Quelle:
KNA , epd , DR