In Ägypten bleibt die Lage angespannt

Nervenkrieg in Kairo

Ronald Meinardus von der Friedrich-Naumann-Stiftung in Ägypten spricht im domradio.de-Interview von einem "Nervenkrieg" in Kairo: Die Polizei soll protestierende Islamisten vertreiben – doch die wehren sich. Eine Lösung ist nicht in Sicht.

Protestierende Muslimbrüder in Kairo (dpa)
Protestierende Muslimbrüder in Kairo / ( dpa )

ie Anhänger des ehemaligen ägyptischen Präsidenten Mohammed Mursi weichen vor der geplanten Räumung ihrer Protestlager in Kairo keinen Zentimeter zurück. Am Montag harrten noch immer Tausende Islamisten in den beiden Zeltstädten in der ägyptischen Hauptstadt aus. Zusätzlich Druck machten die Islamisten durch einen Protestmarsch zum Justizgebäude in der Innenstadt.

Ein Beamter des Innenministeriums hatte am Sonntag erklärt, die Polizei bereite die schrittweise Räumung der Protestlager vor. Aus Sicherheitskreisen hieß es jedoch dann, die ursprünglich für Montag geplante Räumung der Protestlager werde doch erst später beginnen. Nachdem bekanntgeworden sei, dass die Räumung kurz bevorstehe, hätten die Islamisten zusätzliche Kräfte mobilisiert und zu den Protestlagern geschickt. Es sei sinnvoller abzuwarten, bis die Zahl der Demonstranten wieder gesunken sei, hieß es.

Das Nachrichtenportal Al-Ahram berichtete, die Islamisten hätten ihre Anhänger zusätzlich zu einer großen Protestaktion auf dem Tahrir-Platz und vor dem Präsidentenpalast am kommenden Freitag aufgerufen. Damit wollten sie zeigen, dass sie mindestens genauso viele Demonstranten zusammentrommeln könnten wie die Protestbewegung "Tamarud". Durch deren Massenproteste hatte sich die Armee am 3. Juli ermutigt gefühlt, Mursi abzusetzen.

Keine Einigung in Sicht

Ronald Meinardus rechnet im Gespräch mit domradio.de am Dienstag nicht mit einer Einigung zwischen Regierung und Muslimbrüdern. Hierzu bedürfe eines Kompromisses zwischen den beteiligten Parteien, doch der sei aktuell kaum erreichbar. Mursi werde künftig keine große Rolle mehr spielen, schätzt Meinardus. Der entmachtete ägyptische Präsident Mohammed Mursi bleibt weiterhin in Untersuchungshaft. Das staatliche Fernsehen meldete am Montag, die U-Haft sei um weitere 15 Tage verlängert worden.

Aus Sicht der protestierenden Islamisten ist Mursi immer noch der rechtmäßige Präsident. Deshalb lehnen sie Verhandlungen mit der neuen Übergangsregierung ab. Der Sprecher der "Tamrud"-Bewegung, Hassan Schahin, sagte dem Nachrichtenportal youm7, er vermute, dass die Muslimbrüder bisher auf keines der Versöhnungsangebote der ägyptischen und ausländischen Vermittler eingegangen seien, weil sie befürchteten, für illegale Aktivitäten während ihrer Regierungszeit bestraft zu werden. Die "Allianz gegen den Militärputsch" betonte ihrerseits, sie sei nicht bereit zu Gesprächen mit Gruppen, "die den blutigen Putsch unterstützt haben".

Die Bevölkerung leidet

Während die Islamisten ihren Protest fortsetzen, nimmt sich der von den Militärs eingesetzte Übergangspräsident Adli Mansur die Provinzverwaltungen vor, in denen Mursi zahlreiche Mitglieder und Sympathisanten der Muslimbrüder untergebracht hatte.

Die Bevölkerung habe sich an die Unruhe in Ägypten gewöhnt, sagt Meinardus. "Es sind keine guten Zeiten für die Lebensqualität." Vor allem unter dem wirtschaftlichen Stillstand würden die Menschen leiden.


Quelle:
DR , dpa