Anglikaner beraten über Frauen im höchsten Weiheamt

Und jährlich grüßen die Bischöfinnen

Die anglikanische Generalsynode berät erneut über die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt. Der von Spaltungstendenzen geplagten Kirchengemeinschaft droht erneut Streit.

Autor/in:
Alexander Brüggemann
Primas Justin Welby (dpa)
Primas Justin Welby / ( dpa )

Es ist die Rückkehr zu einem Thema, das Anglikaner-Primas Justin Welby, noch gar nicht im Amt, im vergangenen November die erste Niederlage als künftiges Kirchenoberhaupt bescherte. Damals warfen der designierte neue Primas und sein Vorgänger Rowan Williams ihr gesamtes Gewicht in die Waagschale - vergebens. Am Ende fehlten in einem der drei Abstimmungsgremien ganze sechs Stimmen.

Damit blieb der von Spaltungstendenzen geplagten Kirchengemeinschaft eine ihrer wichtigsten Streitfragen erhalten. Und der Hoffnungsträger Welby schien in seiner Autorität beschädigt, noch bevor er überhaupt angetreten war.

Es war eine Ruck-Rede, mit der der neue Erzbischof von Canterbury, über Jahre erfolgreicher Finanzmanager im Ölgeschäft, vor der Synode für Bischöfinnen geworben hatte. Es sei Zeit, diese Aufgabe zu vollenden, forderte er die Delegierten auf. Seit ihrer Zulassung zum Priesteramt vor 20 Jahren hätten Frauen in allen Bereichen der Kirche mit viel Energie gewirkt.

Williams: "Zeit, die Seite umzublättern"

Und der scheidende Primas Williams, der wohl mehr als jeder andere unter dem Dauerstreit gelitten hat, sprang ihm in einem seiner letzten großen Auftritte als Primas zur Seite: Es sei "Zeit, die Seite umzublättern". Fast beschwörend fragte er: "Wie viel Energie wollen wir weiterhin im kommenden Jahrzehnt auf diese Frage verwenden? Und inwieweit wollen wir damit die Energie und die Fähigkeiten eines neuen Primas binden?" Ein deutlicher Hinweis auf seine eigene glücklose Amtszeit. Ein Nein, so Williams, würde zudem ein negatives Signal an die Gesellschaft senden.

Doch es wurde ein Nein - obwohl die Abstimmungsmehrheit für Bischöfinnen eigentlich erdrückend ausfiel: 44 zu 3 bei den Bischöfen, 148 zu 45 bei den Geistlichen - aber eben nur 132 zu 74 bei den Laien. In allen drei "Häusern" der Synode war jeweils eine Zweidrittelmehrheit erforderlich. Das komplizierte Abstimmungsverfahren brachte damit das Projekt zum Scheitern.

Schon als man sich Anfang der 90er Jahre in der englischen Mutterkirche sowie in mehreren Nationalkirchen zur Freigabe des Frauenpriestertums entschloss, führte das die anglikanische Gemeinschaft an den Rand der Spaltung. Auch damals hatte der Beschluss in der englischen Synode eine hauchdünne Mehrheit.

Inzwischen sind die Verästelungen all der Bedingungen, Kompromisse, Zusatzvereinbarungen und Hintertüren, die die Weihe von Bischöfinnen möglich machen sollten, noch unübersichtlicher geworden.

"Weihe zweiter Klasse"

Traditionalistische Pfarreien, die eine Pfarrerin oder Bischöfin ablehnen, sollten Anspruch auf Seelsorge durch einen männlichen Pfarrer oder Bischof haben. Frauen erhielten damit nur eine "Weihe zweiter Klasse", meinen Kritiker.

Acht Monate sind seitdem ins Land gegangen, um sich mit den vielen ungeklärten Fragen auseinanderzusetzen: Was sind "traditionalistische Pfarreien"? Und im Gegensatz wozu? Zu "normalen" Pfarreien? Wie wird das christliche Zusammenleben dauerhaft funktionieren, wenn sich Gemeinden per Mehrheitsbeschluss für frauen- oder schwulenfreundlich oder -feindlich aussprechen?

Das "Zugunglück von epischem Ausmaß", wie Spötter die verfahrene Situation im November nannten, war der Startschuss für eine neue Welle von Diskussionen. Am Samstagmorgen beraten die Synodalen hinter verschlossenen Türen. Die Abstimmung zur Weihe von Bischöfinnen am Montag werden Orthodoxe und Katholiken, die argwöhnischen Partner im ökumenischen Dialog, ebenso gespannt verfolgen wie die englische Politik und Öffentlichkeit - nur mit anderen Erwartungen. Würde das Projekt erneut abgelehnt, stünden die Anglikaner jedenfalls zuhause vor einem neuen Scherbenhaufen.


Quelle:
KNA