Die Bundeswehr kämpft gegen das Hochwasser – und erfährt dafür viel Dankbarkeit

"Da ziehen alle an einem Strang"

Es ist einer der größten Einsätze in der Geschichte der Bundeswehr: Bis zu 19.000 Soldaten sind in den Hochwassergebieten im Einsatz. Fregattenkapitän André Sabzog im domradio.de-Interview über den schwierigen Einsatz und seinen emotionalen Lohn.

Bundeswehr: Kampf gegen die Flut (dpa)
Bundeswehr: Kampf gegen die Flut / ( dpa )

domradio.de: Wo genau sind Sie gerade?

Sabzog: Ich befinde mich gerade auf dem Flugplatz in Magdeburg und bin gerade ausgestiegen aus einem Hubschrauber nach einem Kontrollflug in die nördliche Region von Magdeburg.

domradio.de: Was haben Sie bei diesem Rundflug gesehen?

Sabzog: Wir haben an der Ortschaft Fischbeck einen Deichbruch festgestellt, ungefähr 80 Meter breit. Dann gibt es ein, zwei Deichrisse. Es wird mit Hochdruck daran gearbeitet, den Durchfluss dort zu verringern. Das ist unheimlich schwierig, da wir diese Stellen oft nur über die Luft oder Spezialgeräte erreichen.

domradio.de: Wie erleben Sie die Lage für die Bevölkerung vor Ort?

Sabzog: In Magdeburg waren wir zeitweise mit 1.200 Soldaten im Einsatz. Da ging es vor allem darum, ein Umspannwerk zu sichern. Wäre uns das nicht gelungen, hätten 30.000 Haushalte keinen Strom gehabt - und natürlich auch die Wasserpumpen. Das haben wir geschafft. Aber die Flut geht weiter in Richtung Norden. Und jetzt gibt es die eine oder andere Ortschaft, die - und man kann es nicht anders ausdrücken - unter Wasser liegt.

domradio.de: Was machen die Soldaten zurzeit?

Sabzog: Die Soldaten sind etwa 16 bis 18 Stunden am Tag damit beschäftigt, mit Sandsäcken Wälle zu bauen. Sie evakuieren Menschen vor Ort. Ich selber war an einer Evakuierung in Magdeburg beteiligt und habe erlebt, dass  die beiden Evakuierten - ein älteres Ehepaar - mit unseren Soldaten im Arm lagen, weinten und heilfroh waren, es geschafft zu haben.

domradio.de: Begegnen Sie viel Dankbarkeit?

Sabzog: Von Anfang an war das so. Wir hatten Einheiten, die aus Kassel kommend Konvoi auf der Autobahn fuhren und zahlreichen emporgestreckten Daumen begegneten. Und dann, was wir in den ländlichen Regionen erleben! Die Menschen bringen Kaffee, Kuchen und Pizza vorbei. In dieser angespannten Situation eine unbeschreibliche Menschlichkeit. Da ziehen alle an einem Strang.

domradio.de: Sie erleben einen der größten Einsätze in der Geschichte der Bundeswehr. Wie fällt Ihre erste Bilanz aus?

Sabzog: Trotz aller menschlichen Schicksale, die die Betroffenen vor Ort erleiden, bin ich tief bewegt und beeindruckt, wie die Soldaten das durchstehen. Man muss sich vorstellen: Gerade in Magdeburg standen die Soldaten tagelang hüfthoch in Wasser. Jeden Tag sind sie wieder in ihre nassen Stiefel gestiegen und haben gesagt: Wir helfen weiter, bis wir es geschafft haben.

Das Gespräch führte Christian Schlegel.


Quelle:
DR