Chávez-Vertrauter Maduro siegt in Venezuela

Das schwere Erbe des "Comandante"

Der ehemalige Busfahrer Nicolás Maduro wird Nachfolger des kultisch verehrten Hugo Chávez'. Der 50-Jährige steht vor schwierigen Aufgaben: Er muss die Probleme lösen, die der Chavismus bisher nicht in den Griff bekommen hat.

Autor/in:
Andreas Behn
Nicolás Maduro Moros (epd)
Nicolás Maduro Moros / ( epd )

Der letzte Wunsch von Hugo Chávez hat sich erfüllt: Sein Ziehsohn Nicolás Maduro ist zum neuen Präsidenten Venezuelas gewählt worden und hat damit das Mandat, den "Sozialismus des 21. Jahrhunderts" bis 2019 fortzuführen. Der 50-jährige Politiker, ein Anhänger des Chavismus der ersten Stunde, wurde am Sonntag laut offiziellem Wahlergebnis knapp mit 50,66 Prozent der Stimmen zum neuen Staatsoberhaupt gewählt.

Maduro sieht sich als Sohn, manchmal auch ganz religiös als Jünger seines Vorgängers Chávez. Der charismatische "Comandante", der Venezuela in den vergangenen 14 Jahre mal eigensinnig, mal autoritär regierte, war Anfang März an Krebs gestorben. Die verarmte Mehrheit der Venezolaner verehrt Chávez, da er nach Jahrzehnten elitärer Regierungen den Erdölreichtum des Landes benutzte, um Sozialprogramme einzuführen, und Bildungspolitik für alle betrieb.

Diesen "Bolivarianische Revolution" getauften Kurs wird Maduro fortsetzen. Daran ließ er keinen Zweifel, seit er als Interimspräsident und Kandidat der Sozialistischen Partei PSUV in den Wahlkampf zog. Zugleich wird der neue Präsident die Probleme lösen müssen, die der Chavismus bislang nicht in den Griff bekommen hat: die hohe Inflation, die erschreckende Kriminalitätsrate und die Abhängigkeit von Industrieimporten.

Sympathisch, umgänglich, bescheiden

Viele bezweifeln, dass Maduro die Persönlichkeit und das Fingerspitzengefühl hat, diese Mammutaufgabe zu bewältigen. Dabei hat er eine erfolgreiche politische Karriere hinter sich. Sie begann als Gewerkschaftsführer zu der Zeit, als er noch Busfahrer im öffentlichen Nahverkehr der Hauptstadt Caracas war. Schon Anfang der 90er Jahre demonstrierte er für Chávez, als dieser wegen eines Putschversuches im Gefängnis saß. Nach dessen erstem Wahlsieg 1998 war Maduro Mitglied der Verfassungsgebenden Versammlung, später wurde er Parlamentspräsident. Nach sieben Jahren als Außenminister ernannte Chávez seinen treuen Gefährten nach dem letzten Wahlsieg in Oktober 2012 zum Vizepräsidenten.

Der hochgewachsene, kräftig gebaute Schnurrbartträger ist kein Akademiker. Er hat auch wenig Charisma und ist im Gegensatz zu seinem Vorgänger kein begnadeter Redner. Maduro ist vielmehr ein Mann des Volkes, sympathisch, umgänglich und bescheiden. Dies kommt bei seinen Landsleuten gut an, er weckt Vertrauen und neigt nicht zu Überheblichkeit.

Neue Fragezeichen

Sein zurückhaltendes Auftreten war auf dem diplomatischen Parkett erfolgreich. Maduro war es, der den Dialog mit dem Nachbarn Kolumbien nicht abreißen ließ, während sich die Präsidenten beider Länder wortreich bekriegten. Zugleich schmiedete er die Allianzen mit Staaten wie China, Russland und dem Iran. Gegenüber den USA, dem erklärten Hauptfeind Venezuelas, hingegen vertrat er stets eine harte Linie.

Dialogbereitschaft und geschickte Diplomatie könnten die wichtigsten Trümpfe des neuen Staatsoberhauptes werden, auch um das durchaus heterogene Spektrum der Chávez-treuen Parteien und Bewegungen zusammen zu halten. Doch sein überraschend rüdes Auftreten im Wahlkampf mit Verbalattacken gegen die Opposition hinterlässt neue Fragezeichen. Auch lässt das denkbar knappe Wahlergebnis eine weitere Spaltung des südamerikanischen Landes befürchten: Die 30 Millionen Venezolaner sind ohnehin bereits geteilt in glühende Anhänger und erbitterte Feinde des Chavismus.


Quelle:
epd