In Venezuela geht der Sozialist Maduro als Favorit ins Rennen

Wahlkampf mit dem "heiligen Hugo"

Nach dem Krebstod von Präsident Chávez in Venezuela will Kronprinz Maduro den Verstorbenen als kleinen Vogel gesehen haben, der ihm einen Wahlsieg voraussagte. Umfragen deuten darauf hin, dass der 40-Jährige sich tatsächlich durchsetzt.

Autor/in:
Tobias Käufer
Nicolás Maduro Moros (epd)
Nicolás Maduro Moros / ( epd )

Geht es nach den sozialistischen Machthabern in Caracas, dann diskutiert der vor gut einem Monat verstorbene venezolanische Präsident Hugo Chavez längst im Himmel mit Gleichgesinnten über die Revolution und die Errungenschaften des Sozialismus. Ein animiertes Video, ausgestrahlt vom staatlichen venezolanischen Fernsehen, zeigte jüngst die Ankunft des Revolutionsführers im Paradies. Dort warteten bereits Lateinamerikas Befreier Simon Bolivar und Kult-Revolutionär Che Guevara auf den Neuankömmling.

Den religiösen Kult um Chavez trieb Venezuelas Interims-Präsident Nicolas Maduro vor den Präsidentschaftswahlen am Sonntag auf die Spitze. Der Kandidat der regierenden Sozialisten hat seinen Vorgänger längst zu einem Heiligen erhoben. Öffentlich bittet er Chavez im Himmel um Kraft und Unterstützung; sogar der erste lateinamerikanische Papst ist laut Maduro nur dank der Himmelspräsenz und des Einflusses von Chavez gewählt geworden. Maduro setzt im Wahlkampf ganz auf die Popularität seines Vorgängers. Eine Website zählt, wie oft Maduro am Tag das Wort Chavez ausspricht: Oft kommen die Internetaktivisten auf mehr als 200 Nennungen.

Glänzende Ausgangsposition

Die tägliche Wiederauferstehung Chavez', den die Sozialisten auf riesigen Leinwänden die Nationalhymne singen lassen, verfehlt seine Wirkung nicht. Der Erzbischof von Caracas, Kardinal Jorge Urosa Savino, kommentiert verärgert den religiösen Kult: "Mit Jesus Christus kann man keinen Politiker vergleichen." Stimmen die Wahlprognosen wird der frühere Außenminister Maduro am Sonntag zum neuen Präsidenten des seit 1999 von den Sozialisten regierten südamerikanischen Landes gewählt werden.

Maduro besitzt eine glänzende Ausgangsposition: Alle staatlich-kontrollierten Sender berichten nahezu pausen- und kritiklos von seinem Wahlkampf. Der bürgerliche Herausforderer Henrique Capriles findet dort deutlich seltener statt. Nur der letzte verbliebene regierungskritische Sender Globovision räumt dem Rivalen der Sozialisten ausführliche Sendezeit ein. Maduro kann im Wahlkampf auf die Ölmilliarden des staatlichen Petro-Konzerns PDVSA bauen. Die Kampagne des Regierungslagers verschlingt Millionen von Steuergeldern. Aufwendige Inszenierungen, umfangreiches Wahlkampfmaterial - Maduro schöpft aus dem Vollen. "Wir haben eigentlich keine Chance, aber aufgeben, das kenne ich nicht", sagt Capriles, der beim letzten Urnengang im Oktober gegen den angeblich vom Krebs vollständig geheilten Chavez mit 45 Prozent das beste Ergebnis aller Herausforderer des populären Revolutionsführers einfahren konnte.

Keine dritte, einigende Kraft

Der wichtigste Faustpfand Maduros aber ist die öffentliche Erklärung von Chavez unmittelbar vor seiner letzten Krebsoperation. Der ehemalige Busfahrer und loyale Gewerkschaftsfunktionär solle sein Nachfolger werden, verkündete Chavez und verhinderte damit einen Machtkampf der Kronprinzen um seine Nachfolge.

Beide Lager stehen sich unversöhnlich gegenüber. Eine dritte, einigende Kraft gibt es in Venezuela nicht. Unabhängige Wahlbeobachter, die den gesamten Wahlkampf und die Voraussetzungen der beiden Lager auf gleiche Ausgangsbedingungen begutachten, sind nicht zugelassen. Eine öffentliche TV-Debatte zwischen Maduro und Capriles wird es nicht geben.

Der Ton im venezolanischen Wahlkampf ist rau: "Niemals werden wir es zulassen, dass sie wieder die politische Macht in diesem Land ausüben", droht Maduro dem Lager seines Herausforderers unverhohlen. Die venezolanischen Militärs stellen sich demonstrativ hinter den Machthaber. Capriles dagegen spricht seinem Kontrahenten das Format ab: "Du Nicolas bist das Problem. Du bist keiner wie Chavez."


Quelle:
KNA