Der "Equal Pay Day" fordert gleiche Entlohnung für Frauen

Weniger Gehalt, weniger Rente

Heute ist der "Equal Pay Day". Bundesweit wird auf die ungleiche Entlohnung von Männern und Frauen aufmerksam gemacht. Simone Denzler vom Frauennetzwerkes BPW Germany zum Stand der Dinge.

 (DR)

domradio.de: Guten Morgen, Frau Denzler. Woran liegt es, dass Frauen immer noch weniger verdienen?
Simone Denzler: Frauen fehlen einfach in den oberen Etagen der Wirtschaft, arbeiten sehr häufig in Teilzeit, nur noch in den Niederlanden arbeiten Frauen häufiger in Teilzeit als in Deutschland und schließlich werden Berufe, in denen vor allem Frauen arbeiten, schlechter bewertet und bezahlt, besonders in den Gesundheitsberufen.

domradio.de: Also Pflegeberufe zum Beispiel?
Denzler: Genau, das sind Krankenschwestern, Altenpflegerinnen und MTAs, also medizinisch-technische Assistentinnen, wie zum Beispiel Sprechstundenhilfen.

domradio.de: Wenn man Pflegeberufe oder Gesundheitsberufe mit anderen vergleicht: In welcher Hinsicht sind die denn besonders benachteiligt?
Denzler: Die sind dahingehend benachteiligt, dass die Tarifverträge immer noch nicht geschlechtergerecht sind. 80% der Beschäftigten in den Gesundheitsberufen sind weiblich. Und während es zum Beispiel bei der Müllabfuhr wegen des Hebens schwerer Lasten einen Lohnzuschlag gibt, geht das bei Pflegekräften, die Menschen heben müssen, nicht mit in die Arbeitsbewertung ein. Da sind Pflegeberufe deutlich benachteiligt.

domradio.de: Und das ist auch der Schwerpunkt der diesjährigen Aktion. Die Löhne und Gehälter sind aber nur der erste Teil des Problems, der zweite Teil kommt ja dann, wenn die Rente fällig wird, oder?
Denzler: Ja, die Rentenlücke liegt derzeit bei rund 60%: Frauen erhalten am Ende ihres Erwerbslebens eine 60% geringere Rente, haben aber auch schon im Laufe Ihres Lebens einfach weniger Vermögen aufbauen können. Das heißt, sie konnten auch nicht so viel zurücklegen. Und das ist nicht nur ungerecht, sondern belastet am Ende auch die Sozialkassen und damit die Kommunen.

domradio.de: Nach einer Umfrage des Bundesfamilienministeriums von vor zwei Jahren ist das Thema Bezahlung für die meisten Menschen das wichtigste gleichstellungspolitische Ziel. Kann die Politik dieses Ziel nicht anschieben oder sogar durchsetzen?
Denzler: Da müsste man auf sehr viele verschiedene Ursachen eingehen. Sehr gefällt uns der Gesetzentwurf der SPD, was gemacht werden müsste: Minijobs müssten abgeschafft werden, ebenso das Ehegatten-Splitting und das Betreuungsgeld, weil diese immer noch dazu führen, dass sich für Frauen das Arbeiten nach einer Elternzeit teileweise überhaupt nicht lohnt. Und natürlich wären wir sehr für eine Gender-gerechte Quote, die einfach dafür sorgt, dass in den oberen Entscheidungsgremien der Wirtschaft Frauen und Männer gleichermaßen vertreten sind.

domradio.de: Bundesweit wird auf die ungleiche Bezahlung aufmerksam gemacht: mit Kundgebungen, Stadt-Rallyes oder auch mit dem Tragen roter Taschen - dem Symbol der ungleichen Bezahlung. Was haben Sie in den vergangenen Jahren denn mit diesen Aktionen erreichen können?            
Denzler: Wir haben einiges erreicht, aber wir stehen erst am Anfang. Wir konnten eine entsprechende Aufmerksamkeit in der Gesellschaft und in der Wirtschaft erzielen. Und die Politik kommt im Wahljahr nicht an diesem Thema vorbei. Ich denke, wir haben damit schon unser wichtigstes Ziel erreicht. Jetzt muss es aber daran gehen, Maßnahmen zu entwickeln, um auch tatsächlich etwas zu bewirken

Das Interview führte Tobias Fricke.