Kabinett beschließt Verordnung zur Präimplantationsdiagnostik

Ausweitung der Ausnahme?

Das Bundeskabinett hat am Mittwoch eine PID-Rechtsverordnung verabschiedet und damit Gentests an künstlich erzeugten Embryonen den Weg geebnet. Im domradio.de-Interview warnt Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt (SPD), dass die Verordnung das vom Bundestag beschlossene Gesetz konterkariere.

 (DR)

"Was der Bundesgesundheitsminister vorlegt, ist im Grunde genommen eine Ausweitung dessen, was im Gesetz verankert ist", sagte Ulla Schmidt am Mittwoch im domradio.de-Interview. Die Verordnung konterkariere das beschlossene Gesetz zur Präimplantationsdiagnostik (PID).  Wenn es bei der PID um Ausnahmefälle gehe, dann sei eine unbegrenzte Zahl an PID-Zentren nicht nötig. Die SPD-Politiker spricht sich dagegen für ein stärkeres Festlegen der Qualifikationen und Zusammensetzung der beratenden Ethikkommission aus. Bislang schreibe Bahrs Verordnung "noch nicht einmal Kinderärzte, die auch über die Erfahrungen mit Erkrankungen der Kinder oder auch Heilungschancen befasst sind", ausdrücklich vor, so die SPD-Politikerin.



Grundsätzlich gilt ein PID-Verbot

Das Bundeskabinett hat eine Rechtsverordnung zur Durchführung von Gentests an menschlichen Embryonen verabschiedet. Sie regelt den Umgang mit der Präimplantationsdiagnostik (PID), bei der menschliche Embryonen bei der künstlichen Befruchtung außerhalb des Mutterleibs auf bestimmte Erbkrankheiten untersucht und gegebenenfalls vernichtet werden.



Das Parlament hatte im Juli 2011 ein grundsätzliches PID-Verbot beschlossen, eine Anwendung der Gentests jedoch für wenige Ausnahmen zugelassen. Danach ist PID in Fällen zulässig, in denen ein oder beide Elternteile die Veranlagung für eine schwerwiegende Erbkrankheit in sich tragen oder mit einer Tot- oder Fehlgeburt zu rechnen ist. Die Verordnung beschreibt nun die Anforderungen für die PID-Zentren und die Ethikkommissionen, die vor einer PID zu konsultieren sind.



"Kommissionstourismus" befürchtet

Der Verordnung muss noch der Bundesrat zustimmen. Im Vorfeld hatten einige Bundesländer bereits Widerstand angekündigt. Auch Kirchen, Bundesärztekammer, Deutscher Ethikrat und Bundestagsabgeordnete aller Fraktionen hatten die Verordnung kritisiert, weil sie über den vom Bundestag verabschiedeten Gesetzestext hinausgehe. In der Rechtsverordnung werden beispielsweise bei der Zahl der PID-Zentren und der Ethikkommissionen keine Grenzen gesetzt. Das könnte nach Einschätzung von Kritikern zu einer Ausweitung der PID-Fälle und zu einem "Kommissionstourismus" führen.



Die Bundesregierung betonte, in der Verordnung werde garantiert, dass an die PID-Zentren hohe inhaltliche, sachliche und personelle Anforderungen gestellt würden. Unabhängige und interdisziplinär zusammengesetzte Ethikkommissionen sollten die Anträge auf Durchführung einer Präimplantationsdiagnostik bewerten. Eine beim Berliner Paul-Ehrlich-Institut angesiedelte Zentralstelle soll die von den Zentren durchgeführten Maßnahmen dokumentieren. Damit könnten Trends in Bezug auf eine mögliche Ausweitung der Präimplantationsdiagnostik erkannt werden.



Die PID ist umstritten, weil im Rahmen des Verfahrens Embryonen aussortiert und vernichtet werden. Kritiker wie die katholische Kirche befürchten außerdem, dass eine Selektion stattfindet und behinderte Menschen diskriminiert werden.