Katholische Kirche will sich bei Kitas weiter einsetzen

Engagement enorm ausgebaut

In Deutschland fehlen noch 220.000 Plätze für Kleinkinder, um das Ziel zu erreichen, für 780.000 der unter Dreijährigen ein Betreuungsangebot zur Verfügung zu stellen. Aber auch bei Erzieherinnen und Erziehern gibt es einen Mangel. Frank Jansen über das Engagement des Verbands Katholischer Tageseinrichtungen für Kinder.

 (DR)

KNA: Herr Jansen, katholische Kirche und Caritas sind wichtige Träger von Kindertageseinrichtungen. Wie sehen Sie die Situation in der Kinderbetreuung?

Jansen: Als Caritas-Fachverband hat der KTK das Ausbauprogramm der Bundesregierung von Anfang an befürwortet. Und dies nicht ohne Grund: In unseren Kindertageseinrichtungen eignen sich Kinder soziale, emotionale und kognitive Kompetenzen an, die ihre Bildungsbiografie und damit auch die Bildungsgerechtigkeit positiv beeinflussen. So gesehen tut es Kindern gut, wenn sie schon früh die Möglichkeit haben, eine Kindertageseinrichtung zu besuchen. Darüber hinaus trägt ein ausreichendes Angebot zu einer besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf bei.



KNA: Welchen Anteil hält die katholische Kirche bei den Kindergärten?

Jansen: Die Bistümer und Gemeinden haben in den letzten Jahren ihr Engagement im Bereich der unter Dreijährigen enorm ausgebaut. Mittlerweile stellt die katholische Kirche bundesweit über 54.000 Plätze für sie zur Verfügung. Dies entspricht einem Anteil von rund 14 Prozent aller Betreuungsplätze für diese Altersstufe.



KNA: Werden sie sich auch weiter am Ausbau beteiligen?

Jansen: Die katholischen Träger wollen sich weiter engagieren. Denn die Erfahrung zeigt, dass dort, wo ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für unter Dreijährige schon besteht, auch rund 50 Prozent der Kinder einen solchen Platz beanspruchen. Die Bundesregierung hat ihre Bedarfsquote ja auch schon von 35 auf 38 Prozent erhöht.



KNA: Betreuungsplätze allein reichen ja nicht. Man braucht auch Personal...

Jansen: Darin liegt eine der größten Herausforderungen. Wir gehen davon aus, dass bis August 2013 mehr als 18.000 Fachkräfte fehlen. Aktuell entwickeln wir Maßnahmen, mit denen es kurz- und mittelfristig gelingt, neue Kräfte zu gewinnen und vorhandene Fachkräfte zu halten. Wir haben beispielsweise mit der Bundesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege und dem Bundesfamilienministerium die Werbekampagne "Profis für die Kita" in Schulen und in Kindertageseinrichtungen gestartet.



KNA: Wo wollen Sie da ansetzen?

Jansen: Bislang arbeiten rund 40 Prozent der Erzieherinnen und Erzieher in unseren Einrichtungen als Teilzeitkräfte. Da gibt es also Potenzial. Gleiches gilt für viele Erzieherinnen, die aus dem Beruf ausgeschieden sind. Diese Gruppe werden wir besonders bewerben und sogenannte Wiedereinsteigerprogramme entwickeln. Erfolge versprechen wir uns auch von Quereinsteigermodellen, also von Werbung in anderen Berufen, und neuen attraktiven Ausbildungsmodellen, etwa durch eine praxisorientierte Ausbildung mit einem Nebeneinander von Schule und Praxis.



KNA: Es wurde im Zusammenhang mit der Schlecker-Pleite auch über die Beschäftigung von Arbeitslosen diskutiert.

Jansen: Auf arbeitslose Menschen, die wir für den Beruf gewinnen wollen, legen wir ein besonderes Augenmerk. Voraussetzung ist natürlich, dass sie vorab definierte Eignungskriterien erfüllen und eine angemessene Qualifizierung erhalten. Darüber hinaus sollen Höherqualifizierungskurse für Kinderpflegerinnen und Sozialassistentinnen angeboten werden. Um vorhandene Fachkräfte zu halten, benötigen wir aber auch gesundheitsfördernde und altersgerechte Arbeitsplätze.



KNA: Werbung allein reicht vermutlich aber nicht aus. Muss sich nicht auch an der Bezahlung etwas ändern?

Jansen: Zunächst muss ich sagen, dass wir als kirchliche Träger oft besser zahlen als öffentliche Kindergartenträger. Trotzdem braucht der Erzieherberuf eine finanzielle Aufwertung. Das ergibt sich schon aus der gesteigerten Bedeutung, die der frühkindlichen Bildung zugemessen wird. Das Thema hat aber nicht nur etwas mit der Bezahlung des Erzieherinnenberufes zu tun. Insgesamt geht es darum, das Berufsbild attraktiver zu gestalten. Und da gibt es einiges zu tun. Fakt ist, dass die gesellschaftlichen Erwartungen nicht immer mit den vorhandenen Rahmenbedingungen übereinstimmen.



KNA: Was meinen Sie konkret?

Jansen: Wir müssen die Voraussetzungen dafür schaffen, dass befristete Arbeitsverträge entfristet werden, dass ausreichend Zeit für die Vor- und Nachbereitung der pädagogischen Arbeit zur Verfügung steht, dass für Leitungsaufgaben die Zeitkontingente bereitgestellt werden, dass die Kinderzahlen in den Gruppen gesenkt und die Erzieherinnen-Kind-Relationen verbessert werden.



KNA: Könnte in diesem Zusammenhang eine Akademisierung des Berufs weiterhelfen?

Jansen: Darin liegt nicht die Lösung des Problems. Wir setzen weiter auf eine solide Fachschulausbildung. Dennoch sprechen wir uns dafür aus, dass auch akademisierte Fachkräfte in unseren Kitas arbeiten. Dafür brauchen wir aber die entsprechenden Stellenprofile und entsprechende höhere Tarife.



KNA: Diskutiert wird auch der Einsatz von Bundesfreiwilligen in Kindergärten...

Jansen: Wir brauchen qualifiziertes pädagogisches Personal. Freiwillige als Ersatz für Erzieherinnen und Erzieher zu beschäftigen, lehnen wir deshalb ab. Als zusätzliche Helfer wäre das in Ordnung, auch wenn natürlich die Betreuung der Freiwilligen Zeit und Kraft kostet. Überhaupt möchte ich davor warnen, Qualitätsstandards herunterzuschrauben. Wir halten als Verband nichts davon, die Gruppengrößen zu erhöhen oder bauliche Standards aufzuweichen. Gerade bei der Betreuung der unter Dreijährigen ist Qualität unerlässlich.



KNA: Gefordert werden gerade von der Wirtschaft auch flexiblere Öffnungszeiten, die sich nach den Arbeitszeiten der Eltern richten. Sehen Sie da Spielraum?

Jansen: Zu den Aufgaben einer katholischen Kindertageseinrichtung gehört es, sich mit den Lebenssituationen von Familien solidarisch zu erklären und bereichernde Angebote zur Verfügung zu stellen. So gesehen ist es selbstverständlich, Öffnungszeiten anzubieten, die den Arbeitszeiten der Eltern entsprechen. Einen dringenden Bedarf sehe ich beispielsweise darin, dass wir mehr Angebote für Familien auch an Samstagen bieten, da ein Großteil der Eltern im Dienstleistungsgewerbe arbeitet. Solche Angebote müssen aber finanzierbar sein und setzen auch ein finanzielles Engagement der Wirtschaft voraus.



Das Gespräch führte Christoph Arens.