missio: Kopten-Papst Tawadros ist der richtige Mann für den interreligiösen Dialog in Ägypten

"Einiges zu leisten"

Die Kopten in Ägypten haben einen neuen Papst bestimmt: Bischof Tawadros wird als neues Oberhaupt die größte christliche Minderheit im Nahen Osten führen. Matthias Vogt vom katholischen Missionswerk missio im domradio.de-Interview über die Herausforderungen, die den 60-Jährigen nun erwarten.

 (DR)

domradio.de: Ist Tawadros unter den Kopten in Ägypten bekannt? In Europa sagt er den Wenigsten etwas...

Vogt: Bei uns ist Tawadros tatsächlich nicht sehr bekannt. In der koptisch-orthodoxen Kirche in Ägypten hat er sich in den letzten Jahren allerdings dadurch einen Namen gemacht, dass er sich in der Jugendarbeit sehr engagiert hat. Vor allem hat er die Jugendbildungsarbeit, die Katechesearbeit neu organisiert in seiner Diözese. Jetzt hofft man, dass er das auch auf der Ebene der koptisch-orthodoxen Gesamtkirche machen wird. Er ist also kein ganz Unbekannter.



domradio.de: Die Lebenssituation der Kopten in Ägypten ist momentan schwierig. Welche Herausforderungen kommen auf Tawadros zu?

Vogt: Das ist einmal die politische Situation. Ägypten befindet sich seit anderthalb Jahren in einem großen politischen Umbruch. Gerade die koptisch-orthodoxe Kirche hat traditionell dem alten Regime nahe gestanden. Der Vorgängerpapst Shenouda hat Präsident Mubarak noch in dessen letzten Tagen den Rücken gestärkt - bevor er dann auch vorsichtig abgerückt ist. Der neue Papst steht jetzt vor der Herausforderung, die gesellschaftliche Rolle der Kirche in Ägypten neu zu definieren: Wie können sich koptisch-orthodoxe Christen in der Politik und in der Gesellschaft engagieren? Wie können sie zum Aufbau einer demokratischen und rechtsstaatlichen Gesellschaft beitragen? Da ist jetzt Einiges zu leisten. Auch einige Umorientierung.



domradio.de: Spielt es für die muslimische Mehrheit im Land überhaupt eine Rolle, wer Papst wird?

Vogt: Da wird schon sehr genau geguckt. Die Kopten stellen in Ägypten etwa zehn Prozent der Bevölkerung. Sie würden sich selber nicht gerne als Minderheit bezeichnen, weil sie eigentlich die Ureinwohner des Landes sind. Das Christentum war vor dem Islam die Hauptreligion in Ägypten. Deswegen vermeiden die Kopten den Begriff Minderheit. Von muslimischer Seite wird sehr genau beobachtet, wer die koptische Kirche führt. Gesellschaftlich hat derjenige nämliche doch eine sehr einflussreiche Rolle. Deshalb war es auch sehr wichtig, dass ein Kandidat gewählt bzw. gelost wurde, der auch eine positive Einstellung zum Islam hat. Das war nicht bei allen Kandidaten, die ursprünglich mal im Rennen waren, der Fall. Da ist man jetzt doch ganz erleichtert, dass es ein dialogwilliger Papst geworden ist, der in Zukunft auch mit den Muslimbrüdern, der Regierung in Ägypten und der islamischen Mehrheitsgesellschaft im Gespräch bleiben will und nicht die Konfrontation sucht.



domradio.de: Was wäre für die Kopten im Augenblick die beste Strategie, um für sich selber den besten Schutz und die besten Rechte herauszuholen?

Vogt: Wichtig für die Kirchen in Ägypten ist, dass in der neuen Verfassung nicht unterschieden wird zwischen Christen und Muslimen. Die Kirchen drängen sehr darauf, dass jeder ägyptische Staatsbürger - gleich welcher Religion - die gleichen Rechte in der Gesellschaft hat. Man möchte weder besonderen Schutz noch Privilegien für die eigene Kirche heraushandeln, sondern man möchte einfach durchsetzen, dass wirklich alle Ägypten die gleichen Rechte haben und als gleichberechtigte Staatsbürger behandelt werden. Das ist einer der wichtigen Punkte, der auch auf dem Programm der koptisch-orthodoxen Kirche steht. Genau wie auf dem der katholischen und evangelischen Kirche in Ägypten.



Das Gespräch führte Mathias Peter.