Wahl des neuen Kopten-Papstes in Ägypten in schwieriger Zeit

Es ist ein Gottesurteil

In der römisch-katholischen Kirche wählen die Kardinäle einen neuen Papst. Anders bei den koptischen Christen in Ägypten: Dort zieht ein Junge mit verbundenen Augen den Namen eines Kandidaten aus einer Urne - heute ist es soweit. Im domradio.de-Interview erklärt Liliane Basta von der koptischen Gemeinde in NRW den Wahlvorgang.

Autor/in:
Stephan Cezanne
 (DR)

Es ist ein Gottesurteil: Am Sonntag wird in Kairo das neue Oberhaupt der koptischen Kirche ausgelost. Ein kleines Kind mit verbundenen Augen zieht dazu einen Namen aus einer Urne. Die Bischöfe Raphael (58) und Tawadros (60) sowie der Mönch Raphael (70) sind die letzten drei Bewerber, die aus dem Wahlverfahren hervorgingen.  Gesucht wird der Nachfolger des im März mit 88 Jahren verstorbenen koptisch-orthodoxen Papstes Shenouda III. Der neue Papst wird am 18. November in sein Amt eingeführt.



Nach Einschätzung des deutschen Koptenbischofs Anba Damian steht der neue Papst vor großen Herausforderungen. "Er muss den Dialog mit Regierung und dem Islam führen", sagte der Generalbischof der koptischen Kirche in Deutschland am Freitag in Kairo dem epd. Die bedrängten ägyptischen Christen erwarteten zudem von dem neuen Papst, dass er sich für die Menschenrechte in dem nordafrikanischen Land einsetzt, sagte der Bischof.



Die christlichen Gläubigen litten unter Verfolgung, viele seien traumatisiert. "Der neue Papst muss mutige und ehrliche Worte finden, wenn es um das Interesse seines Volkes geht", erklärte der deutsche Generalbischof mit Amtssitz im nordrhein-westfälischen Höxter. In der Vergangenheit war es in Ägypten immer wieder zu gewalttätigen Konflikten zwischen Kopten und Muslimen gekommen.



Populäre Kandidaten

Die derzeit noch verbliebenen drei Kandidaten genössen in der koptischen Bevölkerung eine große Popularität, erklärte der Generalbischof für Deutschland. "Es herrscht bereits jetzt eine große Vorfreude", sagte Damian. Als noch 17 Kandidaten auf der Liste gestanden hätten, sei die Stimmung noch besorgter gewesen. "Die Kopten sind der vollen Überzeugung, dass die entscheidende Wahl zugunsten aller Parteien von Gott getroffen wird", sagte der Koptenbischof.



Die Entscheidung wird zwischen zwei Bischöfen und einem Mönch fallen: Der 58-jährige Bischof Raphael aus Kairo war einer der Mitarbeiter des im März verstorbenen Shenouda. Er ist Mitglied der Heiligen Synode und hat Medizin studiert, bevor er 1997 zum Mönch geweiht wurde.



Der 60-jährige Bischof Tawadros von Baheira gehört ebenfalls zur Heiligen Synode und zählt zu den Mitarbeitern des "Interim-Papstes" Pachomios. Er ist studierter Apotheker. Aber auch der 70-jährige Mönch Raphael Ave Mina aus einem Kloster in Alexandria könnte der nächste Papst werden. Er ist Absolvent der juristischen Fakultät.



Eine der ältesten Kirchen

Der nächste koptische Papst gilt als 118. Nachfolger des Evangelisten Markus, auf den die Kirche zurückgeht. Nach der Tradition aus dem achten Jahrhundert soll Gott die letzte Entscheidung haben. Daher wird der Name durch einen Jungen zwischen fünf und acht Jahren mit verbundenen Augen ermittelt. Nur Gott und nicht die Wahlversammlung wisse am besten, wer für die Aufgabe des Papstes geeignet sei, heißt es.



Die koptische Kirche zählt zu den ältesten Kirchen der Welt. Weltweit wird die Zahl ihrer Mitglieder auf rund 15 Millionen geschätzt. In Ägypten, dem Stammland der Kopten, gehören ihr rund zehn Prozent der 83 Millionen Einwohner an. Shenouda III. war 1971 zum Oberhaupt der Kopten gewählt worden. Er stand über 40 Jahre an der Spitze der koptisch-orthodoxen Kirche.