Auch mit 65 ist Gunter Demnig mit seinem Stolpersteine-Projekt noch nicht am Ende

Steine für Frankreich

Vor der Kölner Antoniterkirche nahm alles seinen Anfang: Hier stellte Gunter Demnig 1994 die ersten Stolpersteine aus, ein Jahr später verlegte er ebenfalls in seiner Heimatstadt die ersten Steine. Inzwischen ist das Projekt das weltweit größte dezentrale Mahnmal – und noch lange nicht beendet.

 (DR)

Nach jahrelanger Ablehnung will der Bildhauer Gunter Demnig seine ersten Stolpersteine in Gedenken an Opfer des Nationalsozialismus in Frankreich verlegen. Im Januar werde er 20 Steine für französische Zwangsarbeiter in Hamburg einsetzen. "Parallel dazu sollen Stolpersteine in ihren Heimatorten verlegt werden", so Demnig, der am Samstag (27.10.2012) 65 Jahre alt wird Die mit Messingplatten versehenen Pflastersteine tragen die Namen, Lebensdaten und die Todesursache der NS-Opfer wie Juden oder Sinti und Roma. Sie werden vor ihren früheren Wohnstätten platziert.



"Ich könnte mir vorstellen, wenn der erste Ort gemacht ist, dass dann die Anfragen aus Frankreich kommen." Bisher hätten die Franzosen immer abgesagt. "Einige sagen, die französische Verwaltung sei an den Nazi-Verbrechen beteiligt gewesen". Viele Franzosen hätten mitgemacht. "Vielleicht ist das in Frankreich noch nicht so richtig aufgearbeitet."



37.000 Steine an fast 800 Orten

Unter anderem habe er mehrmals in La Boule und Paris angefragt. "Es hieß immer wieder: Nein, wir haben doch schon eine Tafel auf dem Friedhof." Der in Frechen bei Köln beheimatete Künstler verlegt die Stolpersteine seit 16 Jahren. Inzwischen sind es 37.000 Stück an fast 800 Orten im In- und Ausland. "Manchmal denke ich, mich könnte nichts mehr umhauen. Aber dann stehe ich da und weine", sagte Demnig. "Zuerst kommt Trauer hoch, am Schluss ist immer eine unglaubliche Freude und Dankbarkeit dar, besonders bei Angehörigen und Hinterbliebenen."



Demnig kritisierte Stadtverwaltungen wie die von München, die dem Erinnerungsprojekt mit Vorbehalten begegneten. "Zentrale Gedenkstätten sind schön", sagte er. Aber die Stolpersteine würden Unruhe bringen. "Viele Hausbesitzer wollen sie nicht." Auf Münchner Stadtgebiet durfte er bis heute keine Steine verlegen. Seine ersten Steine setzte er 1996 in Berlin-Kreuzberg sogar noch illegal ein. "An eine Genehmigung war nicht zu denken." Erst später seien die Steine legalisiert worden.