Wie der Papst die Kuba-Krise beeinflusste

Friedensstifter zwischen Ost und West

Vor 50 Jahren wäre ein Atomkrieg fast grausame Wirklichkeit geworden: Die sowjetische Regierung stationierte Raketen auf Kuba, US-Präsident Kennedy forderte den sofortigen Abzug. Angesichts des drohenden nuklearen Weltuntergangs richtete sich Johannes XXIII. mit einem Friedensappell an die Supermächte.

Autor/in:
Larissa Hinz
 (DR)

Mit der Kuba-Krise erreichte der Kalte Krieg eine neue Qualität. Während des 13 Tage dauernden Konflikts kamen die beiden Supermächte einer direkten militärischen Konfrontation am nächsten: Seit Anfang der 1960er-Jahre konnten sich beide Supermächte erstmals von heimischem Boden aus mit nuklear bestückten Interkontinentalraketen beschießen. Und seit 1960 baute die Sowjetunion ihre Beziehungen zum Regime von Fidel Castro auf Kuba aus. Rund 100 Kilometer vor der Küste von Florida stationierte die UdSSR ab dem 10. Juli 1962 heimlich über 42.000 Soldaten und 230.000 Tonnen Ausrüstung, darunter auch mehr als 60 Mittelstreckenraketen, die mit Atomsprengköpfen ausgerüstet waren. Doch die geheime Mission scheiterte. Am 14. Oktober veranlasste der US-Präsident Luftaufnahmen von Kuba, die die Aufrüstung und den Bau von Startrampen aufdeckten.



Acht Tage später folgte Kennedys berühmt-berüchtigte Fernsehansprache. Er berichtete der Weltöffentlichkeit von eindeutigen Hinweisen auf die Stationierung von Nuklearraketen. Städte wie Washington, Cape Canaveral oder Mexico City könnten erreicht werden. Er erklärte, dass der Wandel Kubas von einer Insel in eine strategische Militärbasis der Sowjetunion eine deutliche Bedrohung für die Amerikaner sei - aber auch für die gesamte westliche Hemisphäre. Weder die USA noch die Weltgemeinschaft könnten das tolerieren. Das Vorgehen der UdSSR sei eine Provokation. Die USA richteten daraufhin eine Seeblockade ein, um den Sowjet-Schiffen den Zugang nach Kuba zu versperren. Die Welt stand am Abgrund.



Friedensengagement mit weitreichenden Folgen

Am Morgen des 24. Oktober ließ der Papst in der amerikanischen und in der sowjetischen Botschaft seinen Friedensappell überreichen. Einen Tag darauf machte der Heilige Vater seinen Appell in einer Ansprache bei Radio Vatikan öffentlich: "Wir flehen alle Regierenden an, vor dem Schrei der Menschheit nach Frieden nicht taub zu bleiben...die Verhandlungen wiederaufzunehmen...Gespräche auf allen Ebenen und zu jeder Zeit in Gang zu bringen, zu begünstigen und zu akzeptieren, ist eine Regel der Weisheit und Klugheit...". Diese Botschaft sei "der einzige Hoffnungsschimmer" gewesen, sagte Chruschtschow später. Am 26. Oktober 1962, als Chruschtschow sich zum Abzug seiner Raketen aus Kuba bereiterklärte, druckte die Moskauer "Prawda" den Friedensappell des Papstes.



Während Kennedy bekennender Katholik war, genoss Johannes XXIII. auch hohes Ansehen bei Chruschtschow. Dass der Vatikan in einem Dialog mit der Sowjetunion begann, war unter den streng antikommunistischen Vorgängern von Johannes XXIII. noch undenkbar gewesen. Für die katholische Kirche und ihr Verhältnis zur säkularen Welt hatte das Friedensengagement des Papstes weitreichende Folgen. Seine 1963 veröffentlichte Enzyklika "Pacem in terris" (Friede auf Erden) richtete der Papst erstmals nicht nur an die Katholiken, sondern an alle "Menschen guten Willens".



Gespanntes Verhältnis zu Kuba

Das Verhältnis zu Kuba blieb für Johannes XXIII. jedoch zwiespältig. Schon im Januar 1962 hatte er Fidel Castro exkommuniziert. Nach der Kuba-Krise gingen die diplomatischen Beziehungen des Heiligen Stuhls zur Insel nur auf Sparflamme weiter.



Die Beziehungen zwischen dem Maximo Lider, dem größten Führer, wie Castro auch genannt wird, und dem Pontifex maximus verbesserten sich erst unter Papst Johannes Paul II. Bei seinem Besuch 1998 forderte der Papst einerseits die Gewährung von Religionsfreiheit. Aber er kritisierte auch den Kapitalismus und das US-Handelsembargo gegen Kuba. Der Papst erreichte, dass der 25. Dezember als gesetzlicher Feiertag auf der Insel wieder eingeführt wurde. An diese symbolische Entspannung konnte Papst Benedikt XVI. bei seinem Kubabesuch im März 2012 anknüpfen.