Europäische Union erhält diesjährigen Friedensnobelpreis

Wir sind Friedensnobelpreis

Inmitten der schweren Schuldenkrise erhält die Europäische Union den diesjährigen Friedensnobelpreis. Die Union und ihre Vorläufer trügen seit mehr als sechs Jahrzehnten zu "Frieden und Versöhnung, Demokratie und Menschenrechten in Europa" bei, begründete das Nobelpreis-Komitee seine Entscheidung.

 (DR)


Die EU habe stark dazu beigetragen, den größten Teil Europas "von einem Kontinent des Krieges in einen Kontinent des Friedens zu verwandeln", erklärte der Sprecher des Nobelkomitees, Thorbjörn Jagland, am Freitag in Oslo. Die Arbeit der EU stehe für Brüderlichkeit zwischen den Nationen.



Die Idee Europas als Friedens- und Wertegemeinschaft

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in Berlin von einer "wunderbaren Entscheidung" des Nobelpreiskomitees. Das Komitee würdige damit die Idee der europäischen Einigung. Es gehe um die Idee Europas als Friedens- und Wertegemeinschaft. Der Preis sei auch für sie persönlich "Ansporn und Verpflichtung", sagte Merkel.



Der Präsident der Europäischen Kommission, José Manuel Barroso, twitterte in einer ersten Reaktion: "Es ist eine große Ehre für die ganze EU, alle 500 Millionen Bürger, den Friedensnobelpreis 2012 zu erhalten."



In der Begründung des Nobelkomitees heißt es, in sechs Jahrzehnten hätten die EU und ihre Vorgänger zur Förderung von Frieden und Demokratie, Versöhnung und Menschenrechten in Europa beigetragen. Dies wolle man in der aktuellen schweren EU-Krise als wichtigste Errungenschaft herausheben.



Aussöhnung von Frankreich und Deutschland

Als Beispiel nannte Jagland die Aussöhnung zwischen Frankreich und Deutschland, die in sieben Jahrzehnten drei Kriege gegeneinander geführt hätten. Heute sei Krieg zwischen beiden Ländern undenkbar. "Das schreckliche Leiden im Zweiten Weltkrieg hat die Notwendigkeit eines neues Europas aufgezeigt", sagte Jagland.



Auch auf dem Balkan und in der Türkei habe die EU die Menschenrechte vorangebracht, insbesondere durch Beitrittsperspektiven. Die Wahl des Preisträgers sei von fünf Mitgliedern des Nobelkomitees getroffen worden, sagte Jagland. Die Mitglieder des Komitees werden vom norwegischen Parlament bestimmt. Norwegen gehört der EU nicht an.



Die Europäische Union hat seit der Aufnahme Bulgariens und Rumäniens am 1. Januar 2007 jetzt 27 Mitgliedsstaaten. Kroatien soll Mitte 2013 hinzukommen. Der Staatenverbund geht auf die Europäische Wirtschaftsgemeinschaft (EWG) zurück, die durch die Römischen Verträge von 1957 gegründet wurde.



Bereits vor der offiziellen Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers hatte der norwegische Fernsehsender NRK berichtet, dass die EU die Auszeichnung erhalte. Norwegische Medien hatten bereits in vergangenen Jahren vorab über den jeweiligen Preisträger berichtet. 2011 nannte der Sender TV2 vor der offiziellen Verkündung die liberianische Präsidentin Ellen Johnson Sirleaf als mögliche Preisträgerin. Sirleaf teilte sich den Preis dann mit zwei weiteren Frauen. NRK hat in der Vergangenheit auch über "Favoriten" berichtet, die den Preis letztlich nicht bekamen.



Vergabe des Preises am 10. Dezember

Der Friedensnobelpreis ist in diesem Jahr mit 925.000 Euro dotiert und wird traditionell am 10. Dezember, dem Todestag des Stifters Alfred Nobel, vergeben. Nach dem Testament des schwedischen Dynamit-Erfinders Nobel soll der Friedensnobelpreis Persönlichkeiten oder Organisationen auszeichnen, die am meisten auf "die Verbrüderung der Völker" hingewirkt haben.



Der Präsident des Europäischen Parlaments, Martin Schulz (SPD), zeigte sich "tief gerührt" über die Auszeichnung. Über Twitter schrieb er, die EU könne als Inspiration dienen: "Die EU ist ein einzigartiges Projekt, das Krieg mit Frieden, Hass mit Solidarität ersetzt hat."



Jan Egeland, der Europa-Direktor der Menschenrechtsorganisation "Human Rights Watch" merkte kritisch an, das Nobelkomitee habe die Europäische Union ausgewählt, da man bis zu den 70er Jahren vergessen habe, die EU auszuzeichnen, sagte er dem britischen Rundfunksender BBC. Heute gebe es andere verdiente Kandidaten für den Friedensnobelpreis.



Der langjährige deutsche Außenminister und Ehrenvorsitzende der FDP, Hans-Dietrich Genscher bezeichnete die Verleihung des Friedensnobelpreises an die EU als "glückliche und bedeutsame Entscheidung". Sie sei aber auch ein deutliches Signal an diejenigen in Europa, die um ihrer eigenen Interessen willen das europäische Einigungswerk gefährdeten, erklärte Genscher.