Bundesregierung setzt auf Flexibilität der alternden Bevölkerung

Erster Demografiegipfel absolviert

Die Bundesregierung will die Folgen des demografischen Wandels stärker ins öffentliche Bewusstsein rücken. Allein könne eine Regierung den Wandel nicht gestalten, sagt Kanzlerin Merkel. Die Veränderungen vollzögen sich schleichend, wirkten sich aber massiv aus.

Dr. Guido Schlimbach / © privat (privat)
Dr. Guido Schlimbach / © privat ( privat )

Die Bundesregierung will die Herausforderungen durch den demografischen Wandel stärker ins Zentrum der Politik rücken. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sagte beim ersten Demografiegipfel der Regierung am Donnerstag in Berlin, der Veränderungsdruck, der von der Alterung der Gesellschaft ausgehe, sei den Herausforderungen durch die Globalisierung vergleichbar.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) verlangte, jeder einzelne Bürger müsse bereit sein zur Veränderung. Alle gesellschaftlichen Bereiche seien davon betroffen, dass die Bevölkerung schrumpfe und älter werde.

Schleichender Prozess mit massiven Veränderungen
Merkel warb dafür, das Thema Demografie bei allen Entscheidungen mitzudenken. Die Veränderungen vollzögen sich schleichend, wirkten sich aber massiv aus. Die Regierung allein könne die Antworten nicht geben. Sie setze auf den "intensiven Dialog" mit allen gesellschaftlichen Gruppen sowie den Ländern und Kommunen, die für die Umsetzung vieler Vorhaben, etwa den Ausbau der Kinderbetreuung oder die Bildungseinrichtungen zuständig seien.

Merkel kündigte an, dass erste Ergebnisse im Mai kommenden Jahres vorgestellt werden sollen. "Ich werde ein Auge darauf haben, wie die Sache läuft", sagte sie. Unter dem Vorsitz mehrerer Bundesminister sollen sich neun Arbeitsgruppen unter anderem mit dem Fachkräftemangel, der Erhöhung von Bildungs- und Berufsabschlüssen, der Vereinbarkeit von Beruf und Familie, Lebensformen im Alter, der Zukunft der Pflege und der Versorgung und Verwaltung ländlicher Regionen auseinandersetzen. Der Auftaktgipfel mit Vertretern aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft soll ein Bewusstsein für die Veränderungen schaffen und Wege aufzeigen, wie auf den demografischen Wandel reagiert werden kann.

Friedrich erklärte, es gehe nicht darum, Steuergelder für neue Initiativen zu verteilen, sondern Vorhandenes zu verbinden und die in diesem Frühjahr verabschiedete Demografiestrategie mit Leben zu erfüllen. Die Potenziale der vorhandenen Bevölkerung müssten optimal genutzt werden. Als Beispiele nannte er einen flexiblen Renteneinstieg sowie die Unterstützung von Eltern bei der Vereinbarkeit von Kindern und Beruf.

Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) warnte, ohne Gegenmaßnahmen drohe die Zahl der Erwerbstätigen bis 2025 um bis zu sechs Millionen Menschen zu schrumpfen. Vor diesem Hintergrund dürfe insbesondere die Gruppe junger Erwachsener ohne Berufsabschluss nicht aufgegeben werden. Zugleich sei ein Viertel aller Frauen im erwerbsfähigen Alter nicht berufstätig. Jede zweite erwerbstätige Frau arbeite nur Teilzeit: "Da ist noch viel Musik drin", betonte von der Leyen.

Hans Heinrich Driftmann, Präsident des Deutschen Industrie- und Handelskammertags, betonte, die Zuwanderung von Fachkräften sei unerlässlich. Der vielgenutzte Begriff der "Willkommenskultur" müsse aber mit Leben gefüllt werden. Hier seien auch die Betriebe gefragt, etwa durch Unterstützung bei Behördengängen oder beim Spracherwerb.

Auf qualifizierte Zuwanderer angewiesen
Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Maria Böhmer (CDU), sagte, bereits heute blieben Stellen unbesetzt, weil es an Fachkräften fehle. Deutschland sei auf qualifizierte Zuwanderer angewiesen. Zentral sei, dass das Umfeld stimme, die Betreuung und Ausbildung der Kinder, gute Kontakte zur einheimischen Bevölkerung und die Gewissheit, sicher leben zu können. Deutschland müsse ein attraktives Zuwanderungsland werden.

Der Beamtenbund und die privaten Pflegeanbieter machten auf die Schwierigkeiten in der Verwaltung und der Pflege aufmerksam. Der öffentliche Dienst sei durch Überalterung und Personalmangel in seiner Leistungsfähigkeit bedroht, erklärte der Bundesvorsitzende des Beamtenbundes, Peter Heesen anlässlich des Demografiegipfels.