Zum 100. Geburtstag der Kirchenlieddichterin Thurmair

Der liturgischen Bewegung verpflichtet

Sie schrieb die Texte zu zahlreichen bekannten Liedern wie "Den Herren will ich loben" oder "Herr, deine Güt' ist unbegrenzt". Doch die Person hinter den Liedtexten ist hingegen weitgehend unbekannt. Heute wäre sie hundert Jahre alt geworden. Ein Porträt der produktiven Autorin Maria-Luise Thurmair.

Autor/in:
Birgitta Negel-Täuber
Aus Thurmairs Feder stammen 38 Texte im Gotteslob (KNA)
Aus Thurmairs Feder stammen 38 Texte im Gotteslob / ( KNA )

Maria-Luise Thurmair-Mumelter war Tirolerin. Geboren wurde sie in Bozen, ihr Vater war dort österreichischer Bezirkshauptmann. Aber 1919 wurde Südtirol Italien zugeschlagen, Marias Vater verlor seine Stelle. Als er 1926 nach einer Auslandsreise nicht wieder nach Südtirol einreisen durfte, ließ sich die Familie notgedrungen in Innsbruck nieder. Dort ging Maria-Luise zur Schule und studierte anschließend Germanistik und Geschichte. Mit einer Promotion schloss sie 1936 ihr Studium ab.



Während ihres Studiums war sie in der bündischen Jugend aktiv. Die wöchentlichen Heimabende, Werkwochen und Fahrten prägten sie tief und gaben ihrem Leben die entscheidende Richtung. Der "Anschluss" Österreichs 1938 bedeutete für die Familie Mumelter einen tiefen Einschnitt. Es war bekannt, dass die ganze Familie dem Nationalsozialismus gegenüber ablehnend eingestellt war. Nicht nur Maria, die inzwischen in Wien bei der "Katholischen Aktion" arbeitete, sondern auch ihr Vater, ihre Schwester und ein Onkel verloren sofort ihre Arbeitsstellen.



Brief mit Folgen

Maria-Luise hatte in den Zeitschriften der Katholischen Aktion unter anderem mehrere Kirchenlieder publiziert, die auch in Deutschland bekannt wurden. Im Sommer 1940 erhielt sie einen Brief von Georg Thurmair. Darin bat er die ihm persönlich unbekannte Österreicherin, an einem Weihnachtssingebuch mitzuarbeiten. Maria-Luise war überwältigt. Der innerhalb der katholischen Jugend sehr bekannte Liederdichter Georg Thurmair war für sie eine Idealgestalt - natürlich sagte sie zu. Einige Zeit später lernten die beiden sich bei einem Leseabend auch persönlich kennen. Mehr war wohl nicht nötig, schon nach wenigen Wochen machte Georg in einem Brief Maria-Luise einen Heiratsantrag.



Die junge Frau zögerte. An Heirat hatte sie bislang nicht gedacht, vielmehr suchte sie ihren Lebensweg innerhalb der Kirche. Aber Georg Thurmair legte, wie sie in ihren Erinnerungen schrieb, "mit großer Überzeugungskraft dar, dass für uns beide die dichterische Verkündigung des Wortes eine echte Berufung" sei. Mitten im Krieg, im Dezember 1941, heirateten die beiden; eine Lebens- und Arbeitsgemeinschaft begann, die erst mit Georg Thurmairs Tod 1984 endete. Gleich nach der Hochzeit musste der frischgebackene Ehemann als Soldat wieder zu seiner Truppe. Die Briefe und Gedichte, die die beiden sich während der nächsten Jahre schrieben, veröffentlichten sie später unter dem Titel "Liebesgespräche im Krieg".



Nach Georgs Entlassung aus der Kriegsgefangenschaft lebten die Thurmairs bis 1949 in Innsbruck. Maria-Luise wurde Redakteurin der Mädchenzeitschrift "Sonnenland" und veröffentlichte zusammen mit ihrem Mann das "Hausbuch zur Advents- und Weihnachtszeit". Dann erhielt Georg Thurmair das Angebot, die Leitung der Zeitschrift "Michael" in Düsseldorf zu übernehmen. Seine Frau scheint ihm keine Steine in den Weg gelegt zu haben, obwohl es für sie bedeutete, auf unabsehbare Zeit ohne ihren Mann auskommen zu müssen. Denn im kriegszerstörten Düsseldorf gab es keine Wohnung für die inzwischen fünfköpfige Familie. Mehr als fünf Jahre dauerte diese Phase, in der Georg nur alle sechs Wochen nach Hause kam. Maria war inzwischen mit ihren drei Kindern nach München gezogen, drei weitere kamen hinzu.



Dabei klagte sie nie, im Gegenteil: Sie setzte ihre Bildungsarbeit fort und schrieb an ihren Mann viele Briefe, Artikel für seine Zeitschrift und vor allem Geschichten über die Kinder. Daraus wurde der Erzählband "Fünf Paar Schuhe".



Der liturgischen Bewegung verpflichtet

Die Arbeit am Kirchenlied ging dabei ungebrochen weiter. Schon bald nach dem Krieg erschienen in der Diözese Innsbruck verschiedene Gesangbücher und Liedersammlungen, an denen Maria-Luise Thurmair-Mumelter mitarbeitete. Sie fühlte sich der liturgischen Bewegung verpflichtet, die die lebendige Mitfeier des Gottesdienstes durch die Laien vorantreiben wollte. Das Zweite Vatikanische Konzil erlaubte dann endlich den Gebrauch der Muttersprache in den Gottesdiensten. Diese Entscheidung war einer der Gründe, die zu einem einheitlichen Gebets- und Gesangbuch führten, dem "Gotteslob".



Neun Jahre dauerte die Arbeit, Maria-Luise arbeitete in mehreren Kommissionen mit. Für sie war das eine außerordentlich anstrengende, aber auch anregende Zeit. Meistens war sie die einzige Frau in einem reinen Männergremium.



Maria-Luise war glücklich in ihrer Arbeit und Familie und zeitlebens verbunden mit ihrer Tiroler Heimat, Freunden und Verwandten. Aus ihrer Gruppe in der bündischen Jugend war im Laufe der Jahrzehnte eine Gebetsgemeinschaft geworden, die über hundert Frauen im gesamten deutschsprachigen Gebiet umfasste. Ihre letzten Lebensjahre standen im Zeichen von Krankheiten. Maria-Luise Thurmair-Mumelter starb im Alter von 93 Jahren, am 24. Oktober 2005. Ihre Lieder aber bleiben erhalten. Denn auch im neuen Gotteslob, das 2013/2014 erscheinen soll, wird man unter zahlreichen Liedern lesen können "Text: Maria-Luise Thurmair".