Bischof Ackermann will Unternehmensethik in der Aus- und Fortbildung stärken

Sozialethisches Wissen und Kompetenz verpflichtend

Eine wirklich soziale Marktwirtschaft sei dringend auf die ethische Urteilskraft ihrer Akteure angewiesen, so Bischof Dr. Stephan Ackermann, der Vorsitzende von Justitia et Pax. Deshalb sei eine profunde wirtschaftsethische Aus- und Fortbildung von immenser Bedeutung. Kein Wirtschaftsstudent dürfe die Universität verlassen ohne sozialethisches Wissen und Kompetenz.

 (DR)

Dringenden Handlungsbedarf mahnte er an in Bezug auf wirtschaftsethische Lehrstühle in Deutschland und ethisch/moralische Inhalte in den Curricula wirtschaftswissenschaftlicher Studiengänge. Die katholische Kirche habe mit weltweit nahezu 1.800 Hochschuleinrichtungen, davon 800 mit Wirtschaftskursen, in die Ausbildung zukünftiger Führungskräfte investiert. Auch die katholische Kirche in Deutschland leiste mit ihren Sozialakademien, der Bildungsarbeit der Sozialverbände aber auch ihren katholischen Hochschuleinrichtungen einen wichtigen Dienst.

Gemeinsam mit Peter K.A. Kardinal Turkson, dem Präsidenten des Päpstlichen Rates für Gerechtigkeit und Frieden, und dem Bund Katholischer Unternehmer (BKU), stellte er die deutsche Ausgabe "Zum Unternehmer berufen! Eine Ermutigung für Führungskräfte in der Wirtschaft"  am Dienstag im Haus am Dom in Frankfurt vor.



Kardinal Turkson: Der Unternehmer ist "Innovator", aber ein Unternehmen keine Handelsware!

"Führungskräfte der Wirtschaft sind dazu berufen, die Wirtschaft entsprechend der Würde des Menschen und mit Blick auf das Gemeinwohl zu gestalten. Ein Grundprinzip ist es dabei, Menschen mit Gütern zu versorgen, die wirklich gut sind und mit Dienstleistungen, die wirklich dienen", zitierte Peter K.A. Kardinal Turkson aus der jüngsten Handreichung des Rates.

Turkson betonte, dass die Kirche die Funktion des Unternehmers positiv sieht: "Für uns ist er zunächst ein "Innovator", der mit Schaffenskraft in besonderer Weise Teil hat am fortschreitenden Schöpfungshandeln Gottes.  Marktwirtschaft und Unternehmen tragen erheblich zum materiellen und geistigen Wohlergehen der Gesellschaft bei, wenn sie ordnungsgemäß arbeiten und auf den Dienst am Gemeinwohl hin orientiert sind." Der Kardinal wies darauf hin, dass die jüngsten Erfahrungen auch gezeigt hätten, dass bei Versagen von Märkten und Unternehmen Schäden für die Allgemeinheit entstehen können. Besonders kritisierte er die "Dominanz der Finanzmärkte, die ganze Unternehmen und ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Handelsware" gemacht hätten. Er unterstrich die Grundaussage der Katholischen Soziallehre, dass ein Unternehmen zu allererst als eine "Gemeinschaft von Personen" zu betrachten sei. Werde dies beachtet, könnten "Führungskräfte in der Wirtschaft unternehmerischen Erfolg mit konkreten Beiträgen zum Gemeinwohl verbinden." In diesem Sinne seien "gute Geschäfte gut für das Gemeinwohl."



BKU: Persönliche Verantwortung und Ordnungspolitik wichtig

Michael Bommers, Vorstand der La Mer Cosmetics AG und Leiter des BKU-Arbeitskreises "Christliche Spiritualität’, begrüsste die Handreichung: "Es ist das erste Mal, dass sich die Weltkirche explizit an Unternehmer und Führungskräfte in der Wirtschaft wendet, und wir freuen uns, dass es in einer so differenzierten und ermutigenden Weise geschieht." Bommers betonte die Bereitschaft der Unternehmer, Verantwortung zu übernehmen und sagte, dass sich kein Entscheidungsträger hinter Verträgen, Gesetzen oder Verordnungen verstecken dürfe. Gleichzeitig wies er darauf hin, dass ethisches Verhalten gute Rahmenbedingungen brauche. "Faire Wettbewerbsregeln, Rechtssicherheit und eine verlässliche Wirtschaftspolitik erleichtern es Unternehmern, unsere ethischen Ideale im Alltag zu leben."



Sozialethiker Habisch: Gelungene Weiterentwicklung der Katholischen Soziallehre

Professor André Habisch, Mitautor des römischen Dokuments und Berater des BKU, würdigte die Handreichung als eine wichtige Weiterentwicklung der Katholischen Soziallehre. "Dieses Dokument rückt den Unternehmer als Akteur und das Unternehmen als Institution ins Blickfeld der Katholischen Soziallehre, die die betriebliche Ebene bisher wenig beachtet hat." Der Sozial- und Unternehmensethiker an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt  plädierte für einen stärkeren Dialog der Katholischen Soziallehre mit der Betriebswirtschaftslehre und die Einbeziehung anderer Disziplinen wie der Arbeitswissenschaften.