Streit um Beschneidungen geht weiter

Berliner Alleingang

Die Berliner Übergangsregelung zur religiösen Beschneidung sorgt weiter für Diskussionen. Die darin verlangte Nachweispflicht der Religionszugehörigkeit müsse ersatzlos gestrichen werden, erklärte der Türkische Bund Berlin-Brandenburg am Freitag.
Auch der Islamrat kritisierte die Übergangsregelung als inakzeptabel und übereilt.

Beschneidungsgesetz kommt (KNA)
Beschneidungsgesetz kommt / ( KNA )

Die vom Berliner Justizsenator eingeführte Regelung trage nicht zur Lösung der Unsicherheit bei Ärzte- oder Elternschaft bei, erklärte der Vorsitzende des Verbandes, Ali Kizilkaya, am Freitag in Köln. Auch vor dem Hintergrund einer zügigen Lösung durch den Bundestag sei die Regelung nicht notwendig, hieß es. Vielmehr könne sie dazu beitragen, legale Beschneidungen aus religiösem Grund faktisch unmöglich zu machen.



Der Islamrat sieht in der Übergangsregelung einen Eingriff in die Religionsfreiheit und in das Elternrecht. Die Forderung nach Vorlage einer Bestätigung durch die jeweilige Religionsgemeinschaft mache die Betroffenen von den jeweiligen Institutionen abhängig. Ähnlich hatte sich jüdische Organisationen geäußert. Die Straffreiheit für Ärzte, die Beschneidungen vornehmen, sei nicht ausreichend. Die Regelung sei mit einer Einschränkung der Religionsausübung verbunden.



Der Berliner Justizsenator hatte am Mittwoch angekündigt, dass Berliner Ärzte bei Beschneidungen von jüdischen oder muslimischen Jungen grundsätzlich keine Strafverfolgung mehr fürchten müssen, bis eine bundesweit einheitliche Regelung gefunden wird.



Sinneswandel in Bayern

Bayern kündigte unterdessen an, nun doch dem Beispiel Baden-Württembergs und Berlins folgen zu wollen. Im Fall von Anzeigen würden bayerische Staatsanwaltschaften Strafverfolgungsmaßnahmen so lange zurückstellen, bis ein entsprechendes Bundesgesetz in Kraft getreten ist, kündigte Justizministerin Beate Merk (CSU) am Freitag in München an. Noch vor wenigen Tagen hatte ihr Ministerium ein solches Vorgehen abgelehnt.



Angesichts der laufenden Diskussion über Beschneidungen äußerte der Kölner Verleger Alfred Neven DuMont Verständnis für die Sorgen der ehemaligen Präsidentin des Zentralrats der Juden, Charlotte Knobloch, ob Juden in Deutschland überhaupt noch gewollt sind. Auf zehn Bestätigungen des Kölner Richterspruchs seien in den vergangenen Wochen eine, bestenfalls zwei Gegenstimmen zu hören gewesen, "die zur Mäßigung aufriefen und auf Verständnis für die jüdische Kultur hinwiesen", schreibt der Verleger in einem Offenen Brief an Knobloch. Das Schreiben wurde unter anderem in den Freitagsausgaben der "Frankfurter Rundschau" und der "Berliner Zeitung" veröffentlicht.