Bischof vermittelt im Konflikt um südafrikanische Mine

Blutiger Arbeitskampf

Der Bergbau in Südafrika hat traurige Schlagzeilen gemacht. 34 streikende Arbeiter wurden von der Polizei getötet. Wegen der miserablen Arbeitsbedingungen in südafrikanischen Minen rechnen Experten mit weiteren Zusammenstößen. Jetzt vermittelt ein Bischof im blutigen Arbeitskampf.

Autor/in:
Dagmar Wittek
 (DR)

Bergarbeiter fördern Millionenwerte und leben oft in Slums

Die Bergarbeiter in Südafrika leben meist in Slums aus Wellblechhütten ohne Strom und Wasser und fördern Millionenwerte. "Sie haben das Gefühl, dass sie nichts abbekommen von den gewaltigen Umsätzen der Unternehmen", sagt der südafrikanische Publizist Justice Malala. Jetzt regt sich zunehmend Widerstand. Immer wieder streiken die Bergleute, fordern höhere Löhne, Zusammenstöße mit den Sicherheitskräften nehmen zu.



Trauriger Höhepunkt: Während eines Streiks in der Platinmine Marikana im Nordwesten des Landes gerieten am vergangenen Donnerstag Arbeiter und Polizisten aneinander. 34 Bergleute wurden getötet, knapp 80 verletzt. Bereits davor waren in der Mine zehn Menschen ums Leben gekommen. Die Streikenden fordern eine Verdreifachung ihres Gehalts auf rund 1.200 Euro im Monat. Die Vorfälle gehören zu den blutigsten seit dem Ende der Apartheid 1994.



Bischof Seoka erzielt erste Verhandlungserfolge

Der anglikanische Bischof Johannes Seoka hat offenbar erste Verhandlungserfolge zwischen Arbeitern und Streikenden der südafrikanischen Lonmin-Mine erzielt. Der britische Betreiberkonzern habe eingewilligt, Kündigungsdrohungen gegen Streikende auszusetzen, teilte der Bischof von Pretoria und Vorsitzende der Entwicklungsorganisation "Bench Mark Foundation" mit.



Seoka hatte Lonmin und Arbeitervertreter in getrennten Gesprächen am Dienstag zu einem persönlichen Treffen überredet. Die Minenarbeiter verlangen mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen. Zudem begründeten sie die Arbeitsniederlegung mit einer Trauerwoche für getötete Kumpel.



Südafrikas Staatspräsident Jacob Zuma reiste am Mittwoch zu der Platinmine bei Rustenburg, um mit den Streikenden zu sprechen. Dabei kündigte er Medienberichten zufolge Untersuchungen des gewaltsamen Vorgehens der Sicherheitskräfte an. Bischof Seoka rief Zuma am Dienstag in einem Offenen Brief auf, die Vorfälle unverzüglich und durch unabhängige Ermittler aufzuklären.



Kapstadts Erzbischof Makgoba fordert wirtschaftliche Teilhabe

Bereits am vergangenen Freitag verlangte Kapstadts anglikanischer Erzbischof Thabo Makgoba ein "starkes, aber maßvolles und verhältnismäßiges" Einschreiten der zuständigen Organe. Zugleich müssten die Ursachen der Gewalt angegangen werden. "Wir können nicht einfach darum beten, dass die Wunden verbunden und die Schmerzen geheilt werden", so Makgoba. Ohne Gerechtigkeit und Fairness in allen Bereichen könne es kein Ende der Gewalt geben. Dazu gehörten auch wirtschaftliche Teilhabe, demokratische Strukturen und Meinungsfreiheit.



"Das Blutbad von Marikana hätte vermieden werden können, wenn der Platinproduzent Lonmin die Forderungen der Arbeiter ernst genommen hätte", betont John Capel, Geschäftsführer der südafrikanischen Stiftung Bench Marks. Die Stiftung kritisiert seit Jahren die Arbeits- und Lebensbedingungen im südafrikanischen Bergbau. Die Bergleute würden ausgebeutet, während die Bergbaumanager in Luxuswagen vorführen.



Südafrika ist der größte Platinexporteur

Südafrika ist der größte Platinexporteur. Die Jahresförderung des Landes macht annähernd 80 Prozent der weltweiten Produktion des Edelmetalls aus, das vornehmlich zur Herstellung von Autokatalysatoren verwendet wird. Alle führenden Platinförderer wie Anglo Platinum, Impala Platinum, Lonmin und Xstrata sind hier vertreten.



Gleichzeitig ist die Kluft zwischen arm und reich nirgendwo so groß wie in Südafrika. "Die Situation ist eine tickende Zeitbombe", warnte Patrick Craven, Sprecher des Gewerkschaftsdachverbands COSATU kürzlich in einem Interview des britischen Senders BBC.



Die Arbeit unter Tage ist gefährlich und schlecht bezahlt. "Wir wollen nur regelmäßig etwas zu essen auf den Tisch unserer Familien bringen, unsere Kinder zur Schule schicken, vernünftige Wohnungen haben und wenn nötig zum Arzt gehen können", erklärte ein Streikender im staatlichen Fernsehen SABC. "Apartheidähnliche Schikanen" wirft der Generalsekretär der Gewerkschaft der Bergleute NUM den Minenkonzernen vor.



Miserable Arbeitsbedingungen in den Minen

Nach Gewerkschaftsangaben starben zwischen 1984 und 2005 über 11.100 Minenarbeiter an den Folgen miserabler Arbeitsbedingungen. Rund eine Million Menschen sind im südafrikanischen Bergbau beschäftigt, 18 Prozent des Bruttoinlandsprodukts entfallen auf den Sektor.



Für ihren Bericht fand die Bench-Marks-Stiftung heraus, dass sich zwar alle sechs untersuchten Platinproduzenten Richtlinien für sozialverantwortliches Unternehmertum gegeben haben. Meistens seien diese jedoch "mehr Schein als Sein". So rühme sich Lonmin, eine Schule gebaut zu haben, verschweige aber, dass es sich lediglich um einige Klassenräume in einer staatlichen Schule handelt. Nachforschungen hätten zudem ergeben, dass die neuen Klassenzimmer mit Asbest verseucht seien, sagt Capel.



Lonmin habe 1.500 Häuser gebaut, beschäftige aber 28.000 Arbeiter. Alle Unternehmen nähmen massive Umweltschäden und die Gefährdung der Anwohner in Kauf, heißt es in dem Bericht. "Die Programme für sozial verantwortliches Handeln der Konzerne sind nicht mehr als Lippenbekenntnisse", urteilt Capel.



Der Bergbauexperte des auf Wirtschaftsthemen spezialisierten Onlineportals "Engineering News", Martin Creamer, prognostiziert, dass sich die Lage im Bergbau weiter zuspitzen wird. "Die weltweite Finanzkrise setzt den Bergbau unter Druck. Die Platinpreise sind auf einem Tiefststand und zwingen südafrikanische Minenbetreiber zu drastischen Maßnahmen." Der britische Konzern Lonmin hat für das kommende Jahr bereits ein Sparpaket geschnürt, die Ausgaben sollen um 40 Prozent sinken. Zu befürchten sind Arbeitsplatzverluste und schlechtere Arbeitsbedingungen.