Justizministerin will weitere Gleichstellung von Lebenspartnern

Streit ist programmiert

Der Vorstoß von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger zu einer weiteren Aufwertung homosexueller Lebenspartnerschaften stößt in der Union auf Widerstand. Der Parlamentarische Geschäftsführer der CSU-Landesgruppe im Bundestag, Stefan Müller, sagte: "Die Zukunft Deutschlands liegt in Familie, Kindern und Ehe - nicht in gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften."

 (DR)

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hatte einen Gesetzentwurf vorgelegt, der eine Gleichstellung von homosexuellen Lebensgemeinschaften und Ehen in vielen Bereichen des Rechts vorsieht. In zahlreichen Paragrafen quer durch die Rechtsordnung, vom Infektionsschutz- bis zum Bundeskindergeldgesetz, sollen nun nach dem Wort "Ehegatte" die Wörter "oder Lebenspartner" eingefügt werden, berichtet die "Süddeutsche Zeitung" am Mittwoch . Das geplante Gesetz stelle Lebenspartner etwa in der Zivilprozessordnung, im Bürgerlichen Recht oder Strafrecht den Ehegatten ausdrücklich gleich.



Adoptionsrecht und Ehegattensplitting bleiben außen vor

Zwei zentrale Anliegen der Gleichstellungsbefürworter spart die Justizministerin allerdings aus: das Adoptionsrecht und das Ehegattensplitting. Der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck, zeigte sich deshalb enttäuscht. Der Gesetzentwurf habe mit echter Gleichstellung nichts zu tun. Es handle sich lediglich um "eine Liste redaktioneller und längst überfälliger Änderungen - ohne gesellschaftspolitischen Anspruch".



Der stellvertretende Vorsitzende der Unionsfraktion im Bundestag, Günter Krings (CDU), sagte der "Bild"-Zeitung: "Die Justizministerin sollte sich zunächst darauf konzentrieren, die rechtspolitischen Aufgaben des Koalitionsvertrages abzuarbeiten. Da hat sie noch viel zu tun, ehe wir uns dann eventuell mit weniger wichtigen Themen noch beschäftigen können." Der CSU-Politiker Müller sagte der Zeitung, der Gesetzentwurf sei nicht zukunftsweisend und werde hoffentlich in der Ressortabstimmung aufgehalten.



Für die Liberalen ist die Gleichstellung Homosexueller schon lange Thema. 1969 war es die sozial-liberale Koalition, die den Paragrafen 175 des Strafgesetzbuchs liberalisierte und einvernehmliche sexuelle Handlungen zwischen Männern von Strafandrohung befreite. 2004 bekannte sich FDP-Chef Guido Westerwelle öffentlich zu seinem Partner Michael Mronz.



Karlsruhe entscheidet 2013 über Ehegattensplitting

Rückenwind erhalten die Gleichstellungsbefürworter durch das Bundesverfassungsgericht: 2002 bestätigten die Richter das 2001 in Kraft getretene Lebenspartnerschaftsgesetz und legten die Grundlage für alle weiteren Forderungen nach Gleichstellung. Der besondere grundrechtliche Schutz der Ehe hindere den Gesetzgeber nicht, für die Lebenspartnerschaft Rechte und Pflichten vorzusehen, die denen der Ehe gleich oder nahe kämen. 2009 erklärte Karlsruhe eine Ungleichbehandlung von Ehe und eingetragener Lebenspartnerschaft bei der Hinterbliebenenrente für verfassungswidrig. 2010 forderten die Richter eine Gleichstellung bei der Erbschaftssteuer und vor wenigen Tagen auch bei der Grunderwerbssteuer und beim Familienzuschlag für Beamte. Für viele Beobachter steht fest, dass Karlsruhe 2013 auch eine Gleichstellung beim Ehegattensplitting verlangen wird.



Die Großwetterlage ist eindeutig. Doch in der Union gibt es prominente konservative Politiker, die sich fragen, was vom besonderen grundgesetzlichen Schutz der Ehe dann noch übrig bleibt. So sprachen sich sowohl der Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (CDU), als auch der stellvertretende CDU-Vorsitzende Volker Bouffier gegen eine völlige Gleichstellung aus. Der Staat, so Bouffier, "sollte sich hüten, seine Schutzverpflichtung so einzuebnen, dass nichts mehr von ihr übrig bleibt".



Andere Unionspolitiker wollen mehr Gleichstellung. Bundesfamilienministerin Kristina Schröder (CDU) bekräftigte am Mittwoch, in lesbischen und schwulen Lebenspartnerschaften übernehmen Menschen dauerhaft Verantwortung füreinander und lebten konservative Werte. Anfang August hatte eine Gruppe von 13 Unionsabgeordneten ihre Fraktion aufgefordert, Lebenspartnerschaften steuerlich der Ehe gleichzustellen.



Kanzlerin Angela Merkel und CDU-Generalsekretär Hermann Gröhe wollen die Diskussion am liebsten vertagen, bis Karlsruhe im kommenden Jahr entschieden hat. Dann müsste auch der konservative Flügel einsehen, dass es Handlungsbedarf gibt. Dass das FDP-geführte Justizministerium jetzt mit weiteren Gleichstellungsvorschlägen vorprescht, dürfte der Kanzlerin gar nicht behagen.