Der israelische Oberrabbiner Metzger stellt Lösung in der Beschneidungsdebatte vor

Förderer des interreligiösen Dialogs

Der Kölner Richterspruch und die anschließende Debatte zu Beschneidungen haben weltweit für Aufsehen gesorgt. Vor allem aus Israel kam laute Kritik. Sein Unverständnis bekräftigte der israelische Oberrabbiner Jona Metzger nun bei seinem Deutschlandbesuch - und präsentierte einen möglichen Kompromiss.

 (DR)

Jüdische Beschneider in Deutschland sollten künftig eine medizinische Grundausbildung erhalten, erklärte Metzger am Montagabend bei einer Veranstaltung der Jüdischen Gemeinde zu Berlin. Metzger hatte zuvor politische Gespräche aus Anlass des Kölner Beschneidungsurteils geführt. In Israel müssen die auch als Mohel bezeichneten Beschneider schon heute einen medizinischen Grundkurs absolvieren. "Ich hoffe, dass wir in Berlin eine Schule errichten können, bei der Beschneider von einem Mediziner der Berliner Universität entsprechend ausgebildet werden", betonte er.



Forderungen, wonach Beschneidungen nur noch von Ärzten oder unter Einfluss von Schmerzmitteln durchgeführt werden sollten, wies er zurück. Vor rund 100 anwesenden Mitgliedern der jüdischen Gemeinde äußerte Metzger zudem Befürchtungen einer möglichen Vorbildwirkung des Kölner Beschneidungsurteils für Europa. "Es könnte sich nach Dänemark, Österreich oder in die Schweiz ausbreiten", so Metzger.



Der Oberrabiner wies Vorwürfe zurück, wonach die Beschneidung von Kleinkindern zu einem Trauma führen könne. Von den acht Millionen Einwohnern Israels sei deswegen niemand traumatisiert. "Wir haben 4.000 Jahre Erfahrung", so Metzger. "Die gleichen Söhne, die am achten Tag ihres Lebens beschnitten wurden, lassen später ihre Kinder beschneiden - das spricht nicht dafür, dass sie traumatisiert wurden, oder andere Probleme hatten." Der Oberrabbiner verglich die Beschneidung Neugeborener mit der Uniform von Soldaten oder der Nationalflagge. "Niemand kann einfach das Rote in der deutschen Flagge durch weiß ersetzen", sagte Metzger. "Die Beschneidung ist unsere Uniform und unsere Flagge."



Nicht sein erster Besuch in Deutschland

Es ist nicht der erste Besuch Metzgers in Deutschland. Vor zwei Jahren machte er sich bei einem Besuch in Dortmund und einem Treffen mit der Orthodoxen Rabbinerkonferenz am selben Ort ein Bild von der Erneuerung des Judentums in Deutschland. Vor wenigen Monaten war Metzger prominenter Gast bei der Einführung des neuen Landesrabbiners in Hamburg.



Metzger wurde 1953 in Haifa geboren. Seine Eltern stammen aus Berlin und konnten rechtzeitig vor der Judenverfolgung aus Deutschland fliehen. Was den Juden damals angetan wurde, sei schwer zu vergessen, sagte Metzger. Seit 2003 ist er Oberrabbiner und damit die höchste religiöse Autorität des ashkenasischen Judentums, der aus Mittel- und Osteuropa stammenden Juden. Als junger Soldat nahm Metzger an mehreren Kriegen teil. Die Armee verließ er als Militärrabbiner. Ordiniert wurde er an der Talmudschule Yeshivat Kerem BeYavne. Später war Rabbiner an der Tiferet Zvi Synagoge in Tel Aviv.



Ein zentrales Anliegen für den Oberrabbiner ist die interreligiöse Zusammenarbeit. Metzger träumt von der Errichtung einer am Vorbild der Vereinten Nationen orientierten Versammlung der Religionen. Als Vorsitzender eines derartigen Gremiums wird der Dalai Lama gehandelt. "Wir werden in den Frieden investieren, anstatt Atomkriege zu planen und Panzer und Kampfjets zu kaufen", warb Metzger für diese Idee. Und in einem "Spiegel"-Interview äußerte er sich zuversichtlich, dass "die Sprache der Religion" den Weltfrieden bringen werde. Die zehnjährige Amtszeit Metzgers endet im nächsten Jahr. In den vergangenen Monaten tauchte sein Name immer wieder im Zusammenhang mit Spekulationen über die Nachfolge des britischen Oberrabbiners Lord Jonathan Sacks auf.